Wednesday, 31 December 2014

Bundestrainer Joachim Löw: "Eine gute Basis für die Zukunft", 08.10.2006

8 October 2006

Nach dem 2:0 (1:0) der deutschen Nationalmannschaft im Testspiel in Rostock gegen Georgien stand Bundestrainer Joachim Löw Rede und Antwort.

Frage: Joachim Löw, wie beurteilen Sie das 2:0 gegen Georgien?

Joachim Löw: Es war ein unterhaltsames Spiel. Die vielen jungen Spieler haben beherzt und engagiert gespielt. Mit dem Ergebnis bin ich zufrieden. Aber wir haben vor allem in der ersten Hälfte doch einige Fehler gemacht. Wir müssen einige Dinge besprechen.

Frage: Was genau hat Ihnen nicht gefallen?

Löw: Wir wollten früh stören. Das hat nicht immer geklappt. Die Abstimmung hat gefehlt. Wir hatten Glück, dass die Null weiterhin Bestand hat.

Frage: Hat das Spiel als Test seinen Zweck erfüllt?

Löw: Das Spiel stand unter dem Aspekt Chance und Verantwortung. Es war eine Chance für die, die das erste Mal dabei waren und die, die bei der WM nicht so zum Zug gekommen waren. Die etablierten Spieler hatten wiederum eine besondere Verantwortung. Ballack, Schweinsteiger, aber auch Arne Friedrich haben mitgeholfen, die junge Mannschaft zu führen. Das hat gut geklappt.

Frage: Wie waren Sie mit Ihren Debütanten zufrieden?

Löw: Sie haben ein gutes Spiel gemacht. Piotr Trochowski war sehr gut, er hat vor allem am Anfang Akzente gesetzt. Clemens Fritz hat sich gesteigert, ist immer besser in die Zweikämpfe gekommen. Jan Schlaudraff hat angedeutet, was er kann. Alexander Madlung war etwas zu kurz im Spiel.

Frage: Wie bewerten Sie die Rote Karte gegen Lukas Podolski?

Löw: Das ist im Affekt passiert. Aber so etwas kann man nicht gutheißen. So etwas darf nicht passieren. Darüber werden wir intern sprechen. Zum Glück ist er in der EM-Qualifikation nicht gesperrt.

Frage: Ihre Bilanz als Bundestrainer ist nach wie vor makellos. Interessiert Sie die Statistik?

Löw: Das stimmt mich glücklich und zeigt, dass die Mannschaft in der Lage ist, nicht nur bei einem Turnier guten Fußball zu spielen, sondern auch unmittelbar danach Offensiv- und Spaßfußball zu zeigen. Das spricht auch für eine tolle Mannschaftsleistung und ist eine gute Basis für die Zukunft.

Frage: Was muss sich in der Slowakei ändern?

Löw: Da werden einige Spieler wie Klose, Schneider, Frings oder Lahm zurückkommen. Sie haben neue Energie getankt. Es ist jetzt wichtig, dass wir komplett trainieren. Es waren gegen Georgien schon viele Dinge gut. Wir haben versucht, nach vorne zu spielen. Aber defensiv müssen wir an der Abstimmung arbeiten.

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Wednesday, 1 October 2014

"Wir haben die richtige Balance refunden.", 13.10.2012

An interview from 13 October 2012

Die Nationalmannschaft des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ist nach dem überzeugenden 6:1-Auswärtssieg in Dublin gegen Irland in der Qualifikationsgruppe C für die Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien weiterhin ohne Punktverlust. Bundestrainer Joachim Löw vermittelte nach dem Spiel seinen Eindruck vom Auftritt des Teams und bezog Stellung zu der Unruhe vor dem Spiel, zu Aushilfskapitän Bastian Schweinsteiger und dem kritisch beäugten Marcel Schmelzer.

Frage: Joachim Löw, wie bewerten Sie den beeindruckenden 6:1-Erfolg in Irland?

Joachim Löw: Die Mannschaft ist von Beginn an konzentriert zu Werke gegangen. Wir hatten eine gute Präsenz, eine gute Organisation, wir waren gut eingestellt auf die vielen langen Bälle, die die Iren spielen. Wir haben die richtige Balance gefunden zwischen einem temporeichen Spiel und einer enormen Ballsicherheit. Wir haben den Ball schnell laufen lassen, aber auch geduldig warten können bis sich eine Chance auftut. Das Ergebnis war auch in dieser Höhe in Ordnung.

Frage: Wie wichtig war der Sieg nach der jüngsten Kritik?

Löw: Es war ein wichtiger Sieg, weil wir in Irland schon sehr lange nicht mehr gewonnen haben. Die Mannschaft hat diese Präsenz, diese Ausstrahlung und diese Körpersprache auf den Platz gebracht und gezeigt, das Spiel unbedingt gewinnen zu wollen.

Frage: War das die richtige Antwort auf die Unruhe im Vorfeld des Spiels?

Löw: Wir waren in Österreich nicht in der Verfassung, da muss man mit einigen Themen leben und sie akzeptieren. Intern hat man nicht gespürt, dass diese Themen im Mittelpunkt stehen und Gesprächsstoff waren.

Frage: Wie sind Sie mit diesen Themen intern umgegangen?

Löw: Ich habe von der Mannschaft eingefordert, dass wir uns gut vorbereiten wollen, ein gute Leistung zeigen wollen und uns nicht ablenken lassen wollen von irgendwelchen Dingen, die von außen an uns rangetragen wurden. Man hat gespürt, dass wir wieder einen besseren Rhythmus haben, einzelne Spieler mehr Dynamik, mehr Tempo. Die Woche war sehr konzentriert.

Frage: Wie hat Ihnen die Rückkehr von Bastian Schweinsteiger gefallen?

Löw: Er war im Mittelfeld sehr wichtig, es war ein gutes Gefühl, er hat dem Spiel Struktur gegeben. Aber die ganze Achse war sehr stabil und hat defensiv gut zusammengehalten.

Frage: Sie hatten vor dem Spiel sehr kritisch über Marcel Schmelzer gesprochen. Hat er Ihre Erwartungen erfüllt?

Löw: Marcel hat gut gespielt, er hat absolut seine Aufgabe erfüllt. Ich bin da etwas falsch verstanden worden. Ich habe gesagt, dass wir ihm weiterhin vertrauen - und das zurecht. Er hat gute Fähigkeiten. Manchmal dauert es eben etwas länger, den Sprung international ganz nach oben zu schaffen und stabil zu sein. Ich habe auch noch mal mit ihm gesprochen. Das Spiel von ihm war gut wie von der gesamten Defensive.

Frage: Mit welchen Erwartungen gehen Sie in das Spiel gegen Schweden am Dienstag?

Löw: Die Schweden sind in der Lage, einen guten Kominationsfußball zu zeigen. Sie operieren nicht nur mit langen Bällen. Das gibt ein anderes Spiel. Aber wenn wir diese Präsenz, diese Organisation in der Defensive, diese Konsequenz, unser gewohntes Passspiel zeigen, werden wir wieder gute Chancen haben. Wenn wir das Spiel gewinnen können, wäre das ein guter Abschluss des Pflichtspieljahres.

13 October 2012
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Sunday, 20 April 2014

Joachim Löw: "Rekorde kommen und gehen, Titel bleiben", 31.10.2011

Gegen Belgien begann die EM-Qualifikation, gegen Belgien endete sie - jeweils standesgemäß mit einem Sieg. Und dazwischen? Acht weitere Erfolge, macht 30 Punkte aus zehn Spielen, Rekord. Das deutsche Team hat Historisches geleistet und seine Rolle als einer der Mitfavoriten für die EM 2012 in Polen und der Ukraine gefestigt.

Verantwortlich für diese Erfolge ist Joachim Löw. Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Steffen Lüdeke redet der Bundestrainer über die Entwicklung seiner Mannschaft, die nächsten Schritte im EM-Fahrplan und seine Definition von Erfolg.

DFB.de: Herr Löw, Gratulation zum Rekord. Zehn Siege, zehn Spiele, was bedeutet Ihnen diese Bestmarke?

Joachim Löw: Nichts. Natürlich ist es mir lieber, man verbindet meinen Namen mit Siegen als mit Niederlagen. Aber ob runde Geburtstage oder irgendwelche Jubiläen – ich habe zu solchen statistischen Daten keinen Bezug. Rein sportlich hat diese Rekordmarke natürlich trotzdem einen gewissen Stellenwert. Einmal haben wir uns damit bei unseren Gegnern im Blick auf die EURO 2012 sicher noch mehr Respekt verschafft. Und außerdem ist die Serie gut für das Selbstbewusstsein unserer Spieler.

DFB.de: Zehn Spiele in der EM-Qualifikation: In welchem dieser Spiele hat Ihnen Ihre Mannschaft am besten gefallen?

Löw: Das kann ich so nicht sagen. Wir haben insgesamt eine starke, ja souveräne EM-Qualifikation gespielt. Das Wichtigste war vielleicht, dass wir nach Südafrika so schnell den Schritt vom Turnierrhythmus, mit einem längeren gemeinsamen Aufenthalt, zum Qualifikationsrhythmus, mit sporadischen Treffen für einzelne Spiele, geschafft haben. Wichtig als Weichenstellung für den positiven Verlauf der EM-Qualifikation waren der gelungene Start in Brüssel und der überzeugende Erfolg gegen die Türkei in Berlin.

DFB.de: Wen haben Sie vor Beginn der Qualifikation als größte Konkurrenten gesehen?

Löw: Die Türkei, Belgien und Österreich. Von den Siegen gegen diese Teams hatte jeder etwas Besonderes. Auch beim Abschluss der Qualifikation hat mich meine Mannschaft beeindruckt. Ohne gewinnen zu müssen in Istanbul und zuletzt in Düsseldorf, die beiden Begegnungen hochkonzentriert anzugehen und insgesamt ungefährdet erfolgreich zu bestreiten, zeugt von Qualität. Ein starker Auftritt war außerdem der Sieg gegen Österreich in Gelsenkirchen, mit dem wir frühzeitig das EM-Ticket lösen konnten. In guter Erinnerung habe ich auch den Sieg in Wien und den anschließenden Erfolg in Baku gegen Aserbaidschan, als das Team nach einer langen Saison noch einmal die letzten Kräfte mobilisiert hat.

DFB.de: Gibt es einen oder mehrere Spieler in Ihrer Mannschaft, der Sie im Laufe der Qualifikation am meisten überrascht haben?

Löw: Entscheidend ist, dass wir uns nach der positiven WM 2010 als Team weiterentwickelt haben. Spielerisch, kämpferisch, taktisch. Ein wesentlicher Aspekt in den vergangenen Monaten war, dass wir erneut junge Spieler eingebaut und damit den positiven Konkurrenzkampf nochmals erhöht haben. Wer Großes erreichen will, muss alle Positionen doppelt mit starken Leuten besetzen können. Und wir können das.

DFB.de: Sie haben kürzlich erklärt, dass es praktisch keine Stammspieler mehr gebe. Von diesem Begriff im herkömmlichen Sinne solle man sich verabschieden, mit elf Stammspielern könne man heutzutage angesichts der Belastung der Spieler keine Saison oder kein großes Turnier mehr bestreiten. Gerade die beiden letzten Länderspiele haben das wieder gezeigt, oder?

Löw: Erst war Mesut Özil verletzt und Toni Kroos krank, dann waren Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski und Jérôme Boateng angeschlagen. Oder im Sturm: Gegen Österreich in Gelsenkirchen fehlte Mario Gomez, dann zweimal Miro Klose. Wo früher geklagt wurde, dass wir keine Alternativen haben, können wir heute schnell reagieren und variieren.

DFB.de: Ihre Beispiele zielen auf Mittelfeld und Angriff. Gilt dies genauso für die Abwehr?

Löw: Ja. In allen Mannschaftsteilen ist es wichtig für mich, Variationsmöglichkeiten zu haben. Ungeachtet dessen, gibt es bei uns selbstverständlich Führungsspieler, die bei ihren Kollegen durch die Art und Weise ihres Auftretens hohen Respekt genießen. Allen voran Kapitän Philipp Lahm und sein Stellvertreter Bastian Schweinsteiger, aber auch Miro Klose und Per Mertesacker. Erfreulich ist, dass auch hier weitere Ansprechpartner für die Jüngeren nachrücken. Manuel Neuer als unsere Nummer eins, Mesut Özil und Sami Khedira oder Mario Gomez sind ebenso wie Lukas Podolski mittlerweile ebenfalls wichtige Ansprechpartner für Talente und Kräfte wie Mario Götze oder André Schürrle.

DFB.de: Sie haben gesagt, dass Sie überrascht waren, dass die Abstände in der deutschen EM-Qualifikationsgruppe so groß waren. Waren Sie auch überrascht, wie gut Ihr Team ist? Oder darüber, welche Schwierigkeiten die anderen Mannschaften hatten, ihr Potenzial zu zeigen?

Löw: Wir haben davon profitiert, dass sich unsere Gegner gegenseitig die Punkte abgenommen haben. Zudem haben wir in jedem Spiel so viel geleistet, dass wir verdient als Sieger vom Platz gegangen sind. Die Mischung und Einstellung in unserem Team stimmen einfach. Ich freue mich, wenn ich von den Spielern höre, dass sie sehr gerne bei uns sind und dass ihnen die Tage bei der Nationalmannschaft immer viel Spaß machen.

DFB.de: Welche Nation hat Sie innerhalb der EM-Qualifikation am meisten überrascht?

Löw: Große Überraschungen sind ausgeblieben. Von den etablierten Fußballnationen haben sich alle durchgesetzt. Überraschend ist für mich lediglich, dass Portugal in die Play-off-Spiele muss. Ansonsten hat die EM-Qualifikation bestätigt, dass Spanien, die Niederlande und wir am konstantesten auf hohem Niveau spielen.

DFB.de: Können Sie sich überhaupt noch erinnern, wann Sie das letzte Mal so richtig enttäuscht von Ihrer Mannschaft waren?

Löw: Es gibt in den Spielen immer wieder Situationen oder Phasen, mit denen ich nicht zufrieden bin. Dann kann ich am Spielfeldrand durchaus auch emotional werden. Das war auch in Istanbul und Düsseldorf oder zuvor in Gelsenkirchen so. Aber im Fußball passieren Fehler, das gehört dazu. Wir analysieren diese Situationen und sprechen sie klar an, damit die Mannschaft aus ihren Fehlern lernt. Aber noch mal: Die EM-Qualifikation ist super gelaufen, und alle im Kader haben bewiesen, dass sie gewillt sind, sich weiterzuentwickeln und ständig an sich zu arbeiten. Für mich als Trainer ist diese Konstellation ideal.

DFB.de: Das deutsche Team ist für Millionen Fans und viele Experten der erklärte Titelfavorit. Wie gehen Sie mit diesem Druck um, und was würde Ihnen der Titel bei der EURO persönlich bedeuten?

Löw: Unendlich viel. Rekorde kommen und gehen, Titel bleiben. Ist doch klar, dass wir damit in die Geschichtsbücher eingehen würden. Doch soweit sind wir noch lange nicht. Schon nach den Siegen gegen Brasilien und Österreich habe ich mehrfach darauf hingewiesen, dass Selbstzufriedenheit oder Überheblichkeit nicht angebracht sind. Sicher sind Spanien, die Niederlande und wir die Favoriten. Doch ich habe es nach dem Belgien-Spiel ja deutlich gesagt: Ich möchte jetzt nicht nur auf den Welt-und Europameister oder den Vizeweltmeister schauen, auch andere etablierte Fußballnationen wie England, Frankreich und Italien gehören zum Kandidatenkreis. Ein Turnier ist nie ein Selbstläufer. Es gibt viele Unwägbarkeiten: Eine Standardsituation oder eine umstrittene Schiedsrichterentscheidung – und du bist ausgeschieden. Trotzdem bleibt unser großer Traum, am 1. Juli 2012 nach dem Finale in Kiew den EM-Pokal in Händen zu halten.

DFB.de: Welchen Stellenwert hätte dies für Sie im Vergleich zu einem WM-Titel?

Löw: Eine Europameisterschaft ist in vielen Bereichen schwieriger als eine Weltmeisterschaft. Von den Top 12 der UEFA-Rangliste haben sich zehn für die Endrunde qualifiziert, und die beiden restlichen können über die Play-offs noch das Ticket lösen. Außerdem gibt es bei einer EM mit 16 Teams, die sich alle von ihrer Leistungsstärke her nicht so riesig unterscheiden, keine Gelegenheit zum Einspielen – es geht vom ersten Spiel an um alles. Außerdem ist die WM jetzt nicht das Thema, wir konzentrieren uns voll auf auf die EURO 2012 und darauf, dass Deutschland nach 16 Jahren wieder einen Titel gewinnt.

DFB.de: Mit Oliver Bierhoff und Andreas Köpke gehören zwei Europameister von 1996 zu Ihrem Trainerteam. Was erzählen die beiden von der EM in England?

Löw: Nicht viel. Es bringt doch nichts, zurückzuschauen und in Nostalgie zu schwelgen. Hansi Flick, Andreas Köpke, Oliver Bierhoff und ich sind ein Team, das in der Gegenwart lebt und für die Zukunft arbeitet. So haben wir in den vergangenen Jahren einiges bewegt und erreicht. Aber es muss ständig weitergehen, unsere Ziele waren und sind klar definiert: Wir wollten eine Veränderung der Fußballkultur im deutschen Team. Das haben wir geschafft. Und mit attraktivem Fußball wollen wir nun den EM-Titel gewinnen.

DFB.de: Wie sehen die nächsten Schritte auf dem Weg dorthin aus?

Löw: Jetzt warten wir die EM-Auslosung am 2. Dezember in Kiew ab, damit wir alles Weitere, unter anderem auch die Verpflichtung der letzten beiden Länderspielgegner, im Detail planen können. Wichtig ist, dass Oliver Bierhoff und das Büro Nationalmannschaft bei der Buchung unserer EM-Vorbereitungsquartiere auf Sardinien und in Südfrankreich ganze Arbeit geleistet haben. So können wir uns optimal vorbereiten.

DFB.de: Wie viel Prozent am Erfolg eines Turniers macht eine gelungene Vorbereitung aus?

Löw: Es ist schwer, dies zu beziffern. Aber klar ist, dass nur eine gelungene Vorbereitung zum Titel führt. Eine unserer Stärken war immer, dass es uns gelungen ist, uns in den Wochen der EM-Vorbereitung noch einmal entscheidend zu steigern und die taktischen Feinheiten für das Turnier einzustudieren. Da müssen alle Spieler topfit sein. Wichtig ist ihr Leistungsstand im Mai 2012 und nicht, was sie im Herbst 2011 gebracht haben.

DFB.de: Wie schwer wird diesmal die Nominierung des EM-Kaders?

Löw: Das wird diesmal ganz einfach. Früher habe ich mir oft viele Gedanken gemacht, weil ich bei einigen Positionen nicht vollends überzeugt war. Für die EM 2012 haben wir dieses Problem nicht. Wir haben einen großen Kreis von etwa 30 Spielern, die unsere Ansprüche und Vorstellungen erfüllen. Deshalb wird es einige Härtefälle geben. Und mir fällt es dann auch schwer, diesen Spielern die schlechten Nachrichten zu überbringen.

DFB.de: Aber um die Qualität in Ihrem Kader machen Sie sich keine Sorgen?

Löw: Nein, das Reservoir an guten Fußballern ist groß. Und vielleicht kommen bis zur EM sogar noch neue Spieler hinzu. Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten die Bundesliga und die Champions League weiterhin intensiv beobachten. Insbesondere für die jungen Spieler von Meister Dortmund sind die Auftritte in der Königsklasse eine gute Chance, weiter internationale Erfahrung zu sammeln und sich zu profilieren.

DFB.de: Für die Nationalmannschaft geht es im November weiter mit den Länderspielen gegen die Ukraine und die Niederlande. Aus welchen Gründen wurden gerade diese Gegner ausgesucht? Und was erwarten Sie in diesen Partien von Ihrer Mannschaft?

Löw: Wir wollen ein erfolgreiches Jahr positiv abschließen. Ebenso wie das Aufeinandertreffen mit Frankreich im Februar 2012 in Bremen sind diese Begegnungen Test-, aber keine Freundschaftsspiele. Dennoch werde ich sicher einigen jungen Spielern eine Chance geben. Es ist wichtig, dass wir nach unserem Spiel in Danzig gegen Polen auch einmal in Kiew zu Gast sind, um damit Erfahrungen im Lande beider Gastgeber gesammelt zu haben. Über die Aufeinandertreffen mit den Niederländern und den Franzosen muss man gar nicht viel sagen. Das sind zwei spielstarke Gegner und von jeher prestigeträchtige Nachbarschaftsduelle. Ich bin sicher, dass die Zuschauer ihren Stadionbesuch nicht bereuen und in Hamburg und Bremen zwei interessante Spiele erleben werden.

31 October 2014
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Tuesday, 11 March 2014

Joachim Löw: "Wir werden eine gute WM spielen", 04.03.2010

"Wir haben es gegen einen starken Gegner nicht geschafft, Druck aufzubauen und Chancen herauszuspielen", meinte Joachim Löw nach dem 0:1 gegen Argentinien. Dennoch ist sich der Bundestrainer sicher: "Wir werden eine gute WM spielen."

Frage: Joachim Löw, wie bewerten Sie den letzten Auftritt Ihrer Mannschaft vor der Nominierung des WM-Kaders?

Joachim Löw: Das Spiel war von Taktik geprägt. Unsere Defensivleistung war ordentlich. Wir haben nicht viel zugelassen. Wir haben es gegen einen starken Gegner aber nicht geschafft, Druck aufzubauen und Chancen herauszuspielen. Argentinien ist nie in Verlegenheit gekommen.

Frage: Warum konnte Ihr Team keinen Druck aufbauen?

Löw: Argentinien stand gut, war ballsicher und hat unser Spiel gut gestört. Uns ist es nicht gelungen, die Bälle in den Rücken der Abwehr zu spielen. Es gab keine Anspielstationen. Wir haben zu häufig quer gespielt, sind zu lange mit dem Ball gelaufen. Wir haben zu wenig Mut und Entschlossenheit gezeigt. Erst mit Cacau wurde es etwas lebendiger. Er hatte Zug zum Tor und Mut.

Frage: Welche Erkenntnisse können Sie aus so einem Spiel ziehen?

Löw: Natürlich gibt es Erkenntnisse. Die müssen wir in der Vorbereitung aufarbeiten. Wir müssen wieder mehr Druck entwickeln, mutiger spielen und den Gegner zu Fehlern zwingen. Wir haben gegen Argentinien ein paar Fehler zu viel gemacht. Das wird auf diesem Niveau brutal bestraft.

Frage: Wie hat Ihnen die Variante mit Bastian Schweinsteiger im zentralen defensiven Mittelfeld neben Michael Ballack gefallen?"

Löw: "Ich möchte im Mittelfeld ballsichere und fußballerisch gute Spieler. Sie können zusammenspielen, es fehlt nur die Detailarbeit. Das muss gut abgestimmt sein.

Frage: Es war die letzte Partie, bevor Sie das WM-Aufgebot benennen. Inwieweit steht Ihr Gerüst?

Löw: Das Gerüst steht. Es wird weitgehend aus den Spielern bestehen, die schon bei der EM und WM dabei waren. Bei Einigen kommt es nun darauf an, was sie in der Liga zeigen. Wenn Spieler bis Anfang Mai starke Leistungen zeigen, dann ist das sicher ein Vorteil.

Frage: "Sehen Sie noch viele Baustellen vor der WM?"

Löw: Natürlich gibt es noch die ein oder andere Baustelle in jedem Mannschaftsteil. Wir müssen in den vier Wochen vor der WM konsequent arbeiten, wir müssen die Detailabstimmung verbessern. Wir müssen unser mutiges und schnelles Spiel wiederfinden. In diesem Spiel konnten wir leider nicht unsere Leistung abrufen. Aber wir werden eine gute WM spielen.

Löw: Sie haben ihre Sache ordentlich gemacht. Man hat gesehen, dass sie Potenzial haben. Thomas Müller kann auf der rechten Seite dauerhaft eine Alternative werden.

Frage: Geben Sie Rene Adler eine Mitschuld am 0:1?

Löw: Rene Adler kam weit aus seinem Tor heraus. Das war richtig. Das haben die Argentinier klasse gemacht. Da kommt ein Pass, dann sind sie weg. Das hat drei Sekunden gedauert.

Frage: Sie haben Lukas Podolski und Miroslav Klose von Beginn an aufgeboten. Könnte dies mit Blick auf die WM nicht ein Problem geben?

Löw: Es ist vor der WM wichtig, dass sie sehr intensiv trainieren, wenn sie, wie im Fall von Miro, nicht regelmäßig spielen. Sie müssen jede Möglichkeit nutzen. Aber ich bin nach wie vor von ihnen überzeugt. Sie spielen eine wichtige Rolle. Wir werden alles tun, damit sie bei der WM in guter Form sind.

4 March 2010
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Monday, 24 February 2014

Joachim Löw: "Ich habe eine klare Dominanz gesehen, 12.11.2011

Nach dem turbulenten 3:3 (1:3) in der Ukraine war Bundestrainer Joachim Löw insgesamt zufrieden. Seine Mannschaft habe zwar Fehler gemacht, aber dennoch eine klare Dominanz gezeigt, sagte der Bundestrainer im Interview.

Frage: "Joachim Löw, wie bewerten Sie das turbulente 3:3 in der Ukraine?

Löw: Ich denke, wir haben ein Spiel gesehen, in dem sehr viel drin war. Viele Tore, viele Offensivaktionen. Es spricht für eine gute Moral unserer Mannschaft, dass wir das Spiel nach dem 1:3-Rückstand noch umgebogen haben. Natürlich haben wir Fehler gemacht, die zu Toren geführt haben. Dennoch habe ich eine klare Dominanz unserer Mannschaft gesehen. Ich wusste wirklich nicht, warum wir zur Halbzeit mit zwei Toren zurückgelegen haben.

Frage: Ihre Mannschaft hatte zunächst große Probleme mit der Umstellung des Systems mit einer Dreierabwehrkette...

Löw: "Insgesamt war ich sehr zufrieden, auch wenn ich einer der wenigen bin. Zwei der drei Tore sind nach Eckbällen für uns gefallen, da waren alle Abwehrspieler vorne. Das dritte Tor war ein Schuss aus 30 Metern in den Winkel. Da haben wir andere Fehler in der Zuordnung gemacht, das darf uns natürlich nicht passieren. Das hatte aber nichts mit der Dreierkette zu tun. Hummels, Badstuber und Boateng haben das in vielen Situationen sehr gut gemacht. Fehler sind passiert, aber nicht in der Dreierkette.

Frage: "Das Zauber-Duo Mesut Özil/Mario Götze kam auch nicht richtig zur Entfaltung. Wie haben Sie die Leistung der beiden gesehen?

Löw: "Man hat auf dem Platz schon gemerkt, dass wir dank Özil und Götze unheimlich ballsicher waren. Dass wir die Chancen rausgespielt haben, hat gezeigt, dass die beiden ein absoluter Gewinn für uns sind. Und da beide derzeit stark belastet sind, habe ich sie dann rausgenommen. Beide haben absolut zufriedenstellend gespielt.

Frage: "Können Sie sich vorstellen, auch gegen die Niederlande dieses System mit drei Abwehrspielern auszuprobieren?

Löw: "Wir haben ein Hauptsystem, das über viele Monate auch sehr gut funktioniert hat. Aber wir wollen uns weiterentwickeln und bei der EM unberechenbar und flexibel sein. Vor einigen Wochen wollte ich 4-4-2 spielen, aber durch die Verletzung von Miroslav Klose ist bei uns diese Idee gereift. Eine gute Mannschaft muss in der Lage sein, verschiedene Systeme zu spielen. Beim Spiel gegen Holland werden wir nicht mit Dreierkette spielen. Wir werden sehen, ob wir mit zwei Spitzen spielen können. Das hängt davon ab, ob Miroslav Klose am Sonntag wieder trainieren kann.

Frage: "Wie haben Sie das Debüt von Ron-Robert Zieler gesehen, der nach drei Gegentoren in der ersten Halbzeit nach der Pause das Remis rettete?

Löw: Ron-Robert Zieler war nach den drei Gegentoren zur Halbzeit sehr enttäuscht, weil er keinen Ball gehalten hatte. Als wir dann in der zweiten Halbzeit alles nach vorne geworfen haben, hat er zwei Tore verhindert. Das hat er klasse gemacht. Deshalb war das absolut zufriedenstellend.

Frage: Stärkster Feldspieler war Toni Kroos. Wie bewerten Sie seinen Auftritt in Kiew?

Löw: Toni Kroos war wirklich überragend, bei ihm sind alle Fäden zusammengelaufen. Er war stets anspielbar und hat die Mannschaft nach vorne mitgezogen.

12 November 2011
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Löw: "Ich finde es gut, wenn wir auf Schwierigkeiten stoßen", 07.09.2011

Das 2:2 im Länderspiel in Danzig gegen Gastgeber Polen lieferte Joachim Löw weitere wichtige Erkenntnisse auf dem Weg zur EURO 2012 in Polen und der Ukraine. Im Gespräch nach dem Spiel gab der Bundestrainer Einblick in seine Bilanz und die war insgesamt durchaus positiv.

Frage: Herr Löw, nach der Gala gegen Österreich tat sich Ihre Mannschaft gegen Polen äußerst schwer. Wie erklären Sie den enormen Leistungsunterschied innerhalb weniger Tage?

Joachim Löw: Es war gegen Polen für die Mannschaft nicht so einfach. Insgesamt gab es zur Startformation von Freitag sieben Veränderungen. Ich habe bewusst einige Veränderungen vorgenommen, was sich natürlich auf den Spielfluss ausgewirkt hat. Die Abwehr war auch neu formiert. Deshalb war der Spielfluss nicht so wie gegen Österreich, die Automatismen haben nicht so funktioniert.

Frage: Dennoch ist es doch Ihr Bestreben, dass alle Positionen doppelt und gleichwertig besetzt sind. Auch der zweite Anzug soll passen.

Löw: Zunächst einmal bin ich absolut dankbar für solche Spiele wie heute. Denn es war ein guter Test für uns, der uns in unseren Erkenntnissen weiterbringt. Ich bin auch dankbar, dass wir nicht alle Spiele so bestreiten wie gegen Österreich. Denn ich finde es gut, wenn wir wie gegen Polen auf Schwierigkeiten stoßen. Daraus kann unsere junge Mannschaft viel lernen. Dann werden wir auch darauf vorbereitet sein, wenn es bei einem Turnier mal welche gibt.

Frage: Was waren Ihre Erkenntnisse?

Löw: Man hat gesehen, dass Deutschland nach den zuletzt guten Ergebnissen wieder gejagt wird. Polen wurde einerseits enorm von seinen Fans unterstützt, zudem ist die Mannschaft sehr engagiert und teilweise auch sehr rustikal aufgetreten. Aber auch da müssen wir lernen, solche Widerstände zu brechen. Es ist aber klar, dass es nicht immer so glatt laufen kann wie gegen Österreich.

Frage: Was muss sich spielerisch konkret noch verbessern?

Löw: Das Spiel ohne Ball. Die, die nicht in Ballbesitz sind, müssen sich mehr am Spielaufbau beteiligen, das ist enorm wichtig. Denn dann kann man offensiv spielen und bekommt relativ wenig Konter. In manchen Spielen machen wir das noch nicht so gut, aber in vielen Spielen machen wir es gut. Wir machen noch einige kleinere Fehler, die den Unterschied ausmachen können. Daran müssen wir arbeiten.

Frage: Die Abwehr wirkte wie schon gegen Österreich nicht sattelfest. Ist die Defensive Ihre größte Baustelle auf dem Weg zur EM?

Löw: Das sehe ich nicht so. In der Qualifikation haben wir die wenigsten Gegentore überhaupt, was ja für unsere Abwehr spricht. Und die Gegentore gegen Polen laste ich nicht der Abwehr an, die Fehler sind woanders gemacht worden. Sicher haben unsere Innenverteidiger auch den einen oder anderen Fehler gemacht, aber grundsätzlich mache ich mir da keine Sorgen.

Frage: Steht Ihr grober EM-Kader schon fest, oder kann man noch mit einigen Überraschungen rechnen?

Löw: Ich sehe ich nicht viele Spieler, die wir nicht auf unserem Zettel haben. Es sind noch einige Junge da, die mir gefallen. Aber die müssen sich erst mal in der Bundesliga durchsetzen. Ansonsten haben wir alle auf dem Zettel, die schon mal dabei waren.

7 September 2011
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Thursday, 9 January 2014

Der Bundestrainer schreibt auf team.dfb.de, 10.08.2011

Liebe Zuschauer,

für unsere Nationalmannschaft beginnt die neue Saison gleich mit einem äußerst interessanten Länderspiel. Der fünfmalige Weltmeister ist zu Gast im neuen Stuttgarter Stadion – der Start in die EM-Saison und die internationale Premiere der modernisierten Mercedes-Benz Arena können eigentlich nicht attraktiver sein.

Natürlich freuen wir uns alle sehr auf diese Begegnung. Die Brasilianer sind von jeher der Inbegriff der Spielkultur, selbst wenn ihr letzter WM-Titelgewinn nunmehr schon neun Jahre zurückliegt. Ich erinnere mich noch sehr gut an diesen Abend, als die damals von Teamchef Rudi Völler betreute DFB-Auswahl in Yokohama nach einer starken Leistung unglücklich0:2 verlor. Danach sind die Brasilianer bei der WM 2006 und 2010 jeweils im Viertelfinale ausgeschieden, aber an ihrem guten Ruf in der Fußball-Welt hat das nichts geändert.

Deshalb wird unser Team sicher mit großem Ehrgeiz in die Partie gehen. Es ist zugleich der letzte Test vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen Österreich am 2.September in Gelsenkirchen, wo wir mit einem Sieg die letzten fehlenden Punkte holen wollen, um das Ticket für das Turnier im kommenden Sommer in Polen und der Ukraine zu sichern.

Ob Trainer, Manager oder Spieler – alle schauen bei uns optimistisch den kommenden Monaten entgegen. Die positive Entwicklung der Mannschaft ist unverkennbar, doch das wird uns nicht zur Überheblichkeit verleiten. Wir wollen unseren Weg konsequent weitergehen, ohne uns selbst zu überschätzen, und wissen, dass wir beiden Aufeinandertreffen mit den Topteams nur dann eine Chance haben, wenn wir unsere optimale Leistung abrufen. Ob es gegen Welt- und Europameister Spanien geht, der im internationalen Fußball derzeit das Maß aller Dinge ist, oder eben heute gegen Brasilien.

Das große Saisonziel ist klar: Wir wollen attraktiven Fußball spielen und erstmals seit 1996 bei der EM wieder einen Titel gewinnen. Das ist unser Anspruch und sicher auch die Erwartung unserer Fans, jedoch wahrlich kein Selbstläufer. Denn wie bei jedem Turnier gibt es etwa ein halbes Dutzend Mannschaften, die den Favoritenkreis bilden, von denen jeder am Ende auf dem Siegertreppchen stehen kann.

Vor uns liegen daher ereignisreiche und spannende Wochen mit viel Arbeit, um dann in Polen und der Ukraine den spektakulären Coup realisieren zu können.

Herzlichst

Joachim Löw

10 August 2011
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Löw: "Konkurrenzkampf ist noch nicht vorbei", 30.05.2012

Seit acht Jahren arbeitet Joachim Löw mittlerweile für den DFB. Er hat drei große Turniere miterlebt, das erste als Assistent von Jürgen Klinsmann, zwei davon in Verantwortung als Bundestrainer, zwei dritte und ein zweiter Platz stehen in seiner Bilanz. Bei der EM in Polen und der Ukraine will sich das Team nun den Traum vom ersten Titelgewinn erfüllen.

Mit dem Spiel am Donnerstag (ab 20.30 Uhr, live in der ARD) gegen Israel gehen die Trainingslager zu Ende, nach Stationen auf Sardinien und in Südfrankreich kehrt die DFB-Auswahl nach Deutschland zurück. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke zieht Löw eine Bilanz der Vorbereitung und spricht über die Entwicklung der Mannschaft seit der WM 2010.

DFB.de: Herr Löw, wie fällt Ihr Fazit nach den beiden Trainingslagern auf Sardinien und in Südfrankreich aus?

Joachim Löw: Wir haben die Zeit optimal genutzt. Sowohl auf Sardinien als auch in Südfrankreich haben wir unter perfekten Bedingungen intensiv arbeiten können. Wir wussten vorher, dass wir die Mannschaft nicht die gesamte Zeit beisammen haben würden. Darauf haben wir uns eingestellt und in der Trainingssteuerung entsprechend reagiert. Es hatte sogar Vorteile, dass die Gruppe zu Beginn recht klein war. Für die Weiterentwicklung einzelner Spieler war es gut, dass wir uns ganz gezielt und individuell um sie kümmern konnten. Insgesamt bin ich sehr zufrieden. Die Mannschaft hat sich vorbildlich verhalten, alle waren sehr professionell. Wir haben geschafft, was wir schaffen wollten: Wir haben den Grundstein für die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine gelegt.

DFB.de: Wenn Sie die aktuelle Vorbereitung mit der aus dem Jahr 2010 vor der WM in Südafrika vergleichen – welche Gemein samkeiten erkennen Sie, welche Unterschiede gibt es?

Löw: Es gab durchaus neue Dinge, die wir dieses Mal haben einfließen lassen. Neue Übungen, neue Reize, neue Methoden. Und wir haben neue Spieler dabei. Rein fußballerisch gesehen, von der Taktik her, geht es in der Trainingsarbeit nur noch um Nuancen. Wir haben 2010 an allen Bereichen unseres Spiels gearbeitet, wir haben jetzt an unserem Spiel gearbeitet. Schnelles Umschalten, gute Organisation, defensiv und offensiv. Die Themen sind gleich, nur das Niveau ist noch einmal anders, höher.

DFB.de: Die Trainingslager sind vorbei, wie werden die Tage in Polen im Team-Basecamp in der Nähe von Danzig vor dem Spiel gegen Portugal genutzt?

Löw: Es wird wichtig sein, dass wir in der Woche vor dem Spiel gegen Portugal in allen und zwischen den Mannschaftsteilen noch einmal an der Feinabstimmung arbeiten. Das muss noch besser werden, noch perfekter sozusagen. Aber im Vergleich zur WM in Südafrika beziehungsweise dem Vorfeld des Turniers haben wir mittlerweile eine größere spielerische Sicherheit. Wenn wir die Leistung abrufen, die wir in den vergangenen zwei Jahren oft gezeigt haben, dann sind wir sehr, sehr gefährlich.

DFB.de: Gab es auch in dieser Vorbereitung, ähnlich wie im Jahr 2010, Augenblicke im Training, in denen Sie sich mit Ihrem Assistenten Hansi Flick angeschaut und gedacht haben: „Das könnte richtig gut werden“?

Löw: 2010 haben wir uns über die immense Steigerung im Vergleich zur EM 2008 gewundert. Wir waren vom Tempo und von der Qualität sehr angetan, es gab einige Augen blicke, die beeindruckend waren. Heute gibt es diese Momente auch, sie sind aber individueller. Wir haben hier junge Spieler dabei, die zu Aktionen in der Lage sind, die uns absolut begeistern. In puncto Tempo, in puncto Selbst bewusstsein, in puncto Selbstverständlichkeit. Es ist erstaunlich, welche spielerische Intelligenz unsere jungen Spieler haben. Es erfreut uns immer wieder, dies zu sehen. Es gab einige Trainingseinheiten, in denen das Niveau extrem hoch war.

DFB.de: Sie haben die Spieler des FC Bayern jetzt ein paar Tage beobachten können. Ist die Niederlage im Finale der Champions League gegen den FC Chelsea vollständig aus den Köpfen?

Löw: Ja. Ihnen haben die paar Tage Abstand sehr gut getan. Die Spieler haben neue Kraft gefunden, neue Motivation. Das neue Ziel hat sich in ihren Köpfen festgesetzt und alle negativen Gedanken überlagert. Sie wollen die Saison unbedingt positiv abschließen, sie wollen diesen großen Erfolg. Ich bin mir sicher, dass sie alles für den Titel tun werden. Ich kenne Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm jetzt schon seit einigen Jahren. Ich weiß, wie professionell und erfolgsbezogen sie sind. Sie sind in der Lage, den Schalter wieder umzulegen. Alle Bayern-Spieler können das.

DFB.de: Am Donnerstagabend spielt Ihre Mannschaft gegen Israel. Wie wichtig ist es, dass das Team mit einem positiven Erlebnis die Reise zum Turnier antritt?

Löw: Vor der WM 2010 haben wir in Frankfurt gegen Bosnien- Herzegowina 3:1 gewonnen. Wir haben damals gut gespielt, waren vor allem in der zweiten Halbzeit sehr stark. Uns hat dieses Spiel für die letzte Woche vor dem Turnierstart noch einmal Selbstvertrauen gegeben, das uns zusätzlich beflügelt hat. Dies erwarte ich mir auch von dem Spiel gegen Israel, die Mannschaft soll sich selbst das Signal geben, dass wir startbereit sind. Außerdem wollen wir uns mit einer guten Leistung aus Deutschland und von unseren tollen Fans verabschieden.

DFB.de: Ist das Spiel auch wichtig, um noch einmal taktische Dinge auszuprobieren. Oder um neue Erkenntnisse bezüglich personeller Entscheidungen zu gewinnen?

Löw: Schon. Für uns geht es in jedem Spiel darum, an den Feinheiten zu arbeiten und die Abstimmung zu verbessern. Es kann auch sein, dass ich im Laufe des Spiels noch einmal einige Spieler einwechsle und teste. Der Konkurrenzkampf ist noch nicht vorbei.

30 May 2012
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Löw: "Schweizer sind für uns ein sehr guter Gegner", 25.05.2012

Am Samstag spielt die deutsche Nationalmannschaft in Basel gegen die Schweiz, hinter ihr liegen dann 21 Trainingseinheiten und zwei Wochen EM-Vorbereitung. Vor dem Spiel hat Bundestrainer Joachim Löw über seine Eindrücke aus den Trainingslagern auf Sardinien und in Südfrankreich gesprochen.

Joachim Löw über

das Spiel gegen die Schweiz:

Das Spiel gegen die Schweiz kommt zum richtigen Zeitpunkt. Die Schweizer sind für uns ein sehr guter Gegner, sie sind fußballerisch das kleine Holland. Sie spielen sehr geordnet, sehr diszipliniert und sind sehr systemtreu. Sie sind sehr schwer auszuspielen. Die Schweizer Spieler lernen dies sehr früh, dort spielen von der Jugend bis zu den Senioren alle Auswahlmannschaften das gleiche System. Wir werden also auf einen Gegner treffen, der uns viel abverlangen wird.

die Aufstellung gegen die Schweiz:

Ich habe heute mit Andi Köpke und Hansi Flick zusammengesessen, wir haben überlegt, in welche Richtung es gehen kann. Welche Spieler sind 90 Minuten einsetzbar, welche ein bisschen weniger? Ich will jetzt noch das Abschlusstraining abwarten. Heute Abend werde ich die Entscheidung der Mannschaft mitteilen. Bei den Torhütern gibt es eine Tendenz. Bei Julian Draxler wird es wahrscheinlich so sein, dass er zu einem Einsatz kommt. Nicht unbedingt von Anfang an, aber ich glaube, dass er im Laufe des Spiels eine Chance bekommt. Er macht im Training einen sehr guten Eindruck, er ist leichtfüßig, schnell, beweglich. Er ist fußballerisch sehr gut, ich hoffe, dass er das auch auf den Platz bringt. Die Abwehr stellt sich fast von allein auf. Mats Hummels und Per Mertesacker in der Innenverteidigung, rechts Benni Höwedes, links Marcel Schmelzer. Wir müssen abwarten, ob Miroslav Klose einsatzfähig sein wird, er musste hier ja mal eineinhalb Tage pausieren. Wir dürfen bei ihm kein Risiko eingehen, aber natürlich wäre es gut, wenn er von Beginn an spielen könnte. Er braucht Spielpraxis. Bei Mesut Özil und Sami Khedira glaube ich, dass es keine 90 Minuten seien werden. Vielleicht 45 oder 60 oder 70, aber auf keinen Fall die volle Spielzeit, denn die beiden hatten sehr viele Einsätze in dieser Saison.

die Entscheidung für den endgültigen Kader:

Mir wird die Streichung, die erfolgen muss, ein bisschen zu negativ gesehen. Denn die Spieler, die hier sind, haben bei uns die Chance, auf dem allerhöchsten Niveau unter den allerbesten Trainingsbedingungen zu trainieren und zwei Wochen lang bei uns im Fokus zu stehen. Hier wird der eine oder andere junge Spieler vorbereitet auf das, was in Zukunft kommt. Vielleicht nach der EM, vielleicht auch mit Blick auf die nächste WM. Sie wissen, was die Trainer wollen, sie wissen, was die Trainer planen. Die Spieler, die hier dabei sind, haben alle die Möglichkeit, auch in Zukunft bei der deutschen Nationalmannschaft dabei zu sein. Sie alle haben ein unglaublich gutes Niveau. In dem Moment, wo die Entscheidung fällt und mitgeteilt wird, spielt eine gewisse Emotionalität eine Rolle, das ist klar. Natürlich tut es auch mir weh, die Spieler enttäuschen zu müssen. Ich sehe ja, dass hier jeder einzelne zwei Wochen lange mit großem Engagement um die EM-Plätze kämpft.

die Perspektive der Bayern-Spieler:

Es ist jetzt and er Zeit, dass für die Bayern-Spieler Normalität einkehrt. Ich habe mit fast allen Spielern gesprochen, dabei habe ich bei aller Enttäuschung über die Niederlage gegen Chelsea vor allem ihre Vorfreude auf die Nationalmannschaft gespürt. Alle haben von neuen Zielen, von einer neuen Motivation gesprochen. Unsere Gruppe, die gesamte Mannschaft, wir alle freuen uns sehr darüber, dass die Bayern endlich zu uns kommen. Jeder Spieler ist in der Lage, nach ein paar Tagen eine Enttäuschung wegzustecken und nach vorne zu schauen. Das muss er auch. Wir können ja nicht bei der Uefa beantragen, dass die EM eine Woche später angepfiffen wird. Die Spieler werden sich hier relativ schnell einfinden. Und dann geht es ab Montag in vollem Rhythmus weiter.

die Position von Philipp Lahm:

Ich lasse das noch offen. Ich sehe Marcel Schmelzer in einer sehr guten Verfassung. Ich kann mir aber auch vorstellen, mit Philipp Lahm links und mit Benni Höwedes oder Jerome Boateng rechts zu spielen. Auch Sven Bender ist ein Spieler, der durch seine Laufstärke und durch seine Bissigkeit diese Position ausfüllen könnte. Ich werde noch mal mit Philipp sprechen und auch die anderen nochmals beobachten. Mal sehen, wie sich die Außenverteidiger beim Spiel gegen die Schweiz in Szene setzen.

die Trainingsschwerpunkte in den kommenden zwei Wochen:

Am Montag steigen die Bayern-Spieler ins Training ein, dann ist der Kader endlich komplett. Dann stehen mannschaftstaktische Dinge im Vordergrund. In der Offensive, in der Defensive. Schnelles Umschalten, gute Staffelung in der Defensive, gute, kompakte Linien. Feinabstimmung in allen Mannschafsteilen. All die Themen, die wir auch schon bislang immer mal wieder gemacht haben, werden jetzt ganz besonders in den Mittelpunkt rücken.

die politische Situation in der Ukraine:

Wir die Spieler vor dem Turnier noch einmal grundsätzlich über die Verhältnisse und die Situation in der Ukraine und Polen informieren. Wir stehen natürlich ganz klar für die Menschenrechte und andere Werte. Und wir haben immer gesagt, dass die Spieler ihre Meinung äußern können, wenn sie dies wollen. Wir werden in die Ukraine ohne Vorurteile und Vorbehalte reisen. Wir wollen uns der Bevölkerung gegenüber offen und freundlich zeigen. Wir müssen nur eines bedenken, und dass werde ich den Spielern auch noch einmal mitteilen: Wir werden unseren Fokus ganz klar auf das Sportliche richten.

die Teamfähigkeit seiner Spieler:

Alle Spieler, die hier sind, verfügen über eine ausgeprägte Teamfähigkeit. Wenn mir ein Spieler zu egoistisch erscheint würde, dann hätte er bei mir sehr wenig Chancen. Sei er noch so gut. Nur ein funktionierendes Team kann erfolgreich sein und nicht eine Mannschaft aus Individualisten, die tun und lassen, was sie wollen. Alle Spieler, die hier sind, können sich einordnen. Sie sind alle im Umgang untereinander und auch im Umgang mit unserem Team hinter dem Team freundlich, höflich und respektvoll.

die Rolle von Marco Reus:

Ich kann mir gut vorstellen, ihn relativ weit vorne zu sehen. Marco Reus ist ein Spieler, der verschiedene Positionen spielen kann. Er kann links im Mittelfeld spielen, rechts, er kann auch hinter den Spitzen spielen. Aber ich habe ihm auch gesagt, dass wir auf der Position hinter den Spitzen mit Mesut Özil, Mario Götze und Toni Kroos Leute haben, die dort „ihre“ Position haben. Wenn wir mal in Rückstand liegen, kann ich mir Marco auch ganz vorne vorstellen. Er hat dann gute Möglichkeiten, mit seinen schnellen Bewegungen, mit seinem Tordrang und seinem fußballerischen Können. Wenn der Raum eng ist und wir gegen große, athletische Innenverteidiger spielen, kann ich mir ihn ganz vorne vorstellen. Marco läuft auch gut quer, in die Schnittstellen hinein. Er hat dafür ein Näschen. Vielleicht wird das schon gegen die Schweiz zu sehen sein.

die Form von Bastian Schweinsteiger:

Bastian war längere Zeit verletzt. Ähnlich wie bei Miro und bei Per werden wir auch bei Bastian schauen, wie wir ganz individuell mit ihm arbeiten können. Im körperlichen Bereich muss er möglicherweise ein paar Prozente zulegen, wir werden da noch einmal an ein paar Schrauben drehen. Sein Standing innerhalb der Mannschaft ist kein anderes als vor einem halben Jahr. Seit 2010 ist er eine absolute Führungspersönlichkeit.

die Stärken von Ilkay Gündogan:

Er wird morgen die Chance erhalten, zu spielen. Gündogan ist ein guter Fußballer, er spielt die Bälle gut nach vorne. Er ist stark am Ball. Er ist kaum vom Ball zu trennen. Er ist der kleine Schweinsteiger.

die Arbeit von Urs Siegenthaler:

Unmittelbar nach der Auslosung haben wir festgelegt, dass Urs jeden Gegner mindestens zwei Mal sehen muss. Ich verlasse mich zu 100 Prozent auf ihn. Er weiß ganz genau, wie ich denke. Und ich weiß ganz genau, wie er ein Spiel sieht, wie er es analysiert. Seine Analysen haben uns häufig sehr viel in der Beurteilung eines Gegners gebracht. Bei einzelnen Spielern, aber auch der gesamten Spielweise. Das ist auch für unsere Spieler wichtig. Sie bekommen so einen Eindruck, welches System gespielt wird, welche Stärken und Schwächen der Gegner hat. Auch in die Trainingsarbeit fließen seine Erkenntnisse mit ein. Ich möchte keinen Bericht über 50 Seiten von Urs. Ich will nicht wissen, ob ein Spieler 1,82 groß ist, er 84 Kilo hat und ein Linksfuß ist. Das interessiert mich im Grunde nicht. Manchmal arbeiten wir mit Einzelprofilen. Geht Ronaldo häufiger links oder rechts vorbei? Aber im Grunde will ich von Urs ein oder zwei Stärken und ein oder zwei Schwächen von jedem Gegner wissen. Das teilen wir dann der Mannschaft mit.

die Trainingsleistung von Tim Wiese, Ron Robert Zieler und Marc ter Stegen:

Ich sehe sie im Training nicht in jeder Minute. Ich verlasse mich da auf Andi, der die separaten Einheiten mit den Torhütern macht. Aber wir machen auch häufig die kleinen Spielformen, bei denen die Torhüter permanent im Brennpunkt sind. Wenn sie mich fragen, wie ich das bewerte? Überragend, von allen dreien.

die Form von Miro Klose:

Ich hatte Bedenken. Er war verletzt und hat nicht gespielt. Als ich ihn dann im Training erlebt habe, sind meine Sorgen immer kleiner und kleiner und kleiner geworden. Weil der Miro im Training auffallend gut und schnell und dynamisch ist. Er macht insgesamt einen sehr guten Eindruck.

25 May 2012
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Löw über Regeneration, Sardinien und Trainingslager, 16.05.2012

Regeneration, Sardinien, Trainingslager. Das Team wächst, die Dortmunder sind angekommen. Und Bundestrainer Joachim Löw ist zufrieden. Heute hat er zum ersten Mal mit den Journalisten gesprochen.

Joachim Löw über:

die Spieler von Borussia Dortmund:

Ich hatte heute Morgen die Gelegenheit, mit allen Dortmunder Spielern zu sprechen. Sie waren ein bisschen müde, von den ganzen Feierlichkeiten. Aber sie freuen sich alle, dass sie so langsam wieder ins Training einsteigen können. Keiner von ihnen hat Blessuren oder Verletzungen, so dass alle jetzt, zwar in unterschiedlicher Intensität, aber doch ins Training einsteigen können. Marcel Schmelzer hat sehr viel gespielt, Mario Götze und Sven Bender waren in den vergangenen Wochen und Monaten gelegentlich angeschlagen und aus dem Trainings-Rhythmus raus. Wir müssen die Trainingsinhalte individuell gestalten. Natürlich waren alle Spieler voller Freude über den Double-Gewinn und voller Selbstbewusstsein. Sie sind in freudiger Vorstimmung auf die EM.

die Vorbereitung auf Sardinien:

Die Spieler, die hier sind, haben optimale Bedingungen. Besser kann es gar nicht sein. Sie haben unglaublich gut und unglaublich intensiv gearbeitet. Spieler wie Per Mertesacker oder Miroslav Klose und einige andere, die angeschlagen sind, können in dieser Woche auf Sardinien wahnsinnige Fortschritte machen. Per hat mir schon gesagt, dass er das Wort Regenerationstrainingslager nicht mehr hören möchte, das wäre falsch. Er würde es besser finden, wenn wir sagen Trainingslager Nummer eins und Nummer zwei. Das zeigt schon, dass die Spieler hier sehr viel gearbeitet haben. Jetzt kommen nach und nach Spieler dazu, das ist nicht einfach, weil alle in einem unterschiedlichen Fitness-Zustand sind. Wir müssen uns viele Gedanken darüber machen, wie wir mit diesen Spielern umgehen. Wir müssen sensibel bleiben und abschätzen, was sie brauchen. Wir sind flexibel und auf alle Eventualitäten eingestellt. Wichtig ist, dass die, die da sind, konzentriert arbeiten. Das ist der Fall. Ich bin überzeugt davon, dass unsere Mannschaft gut vorbereitet in das Turnier gehen wird.

die Entwicklung von Marco Reus:

Marco hat in diesem Jahr wirklich sehr gut gespielt. Er hat eine sehr positive Entwicklung gemacht. Bei der Nationalmannschaft musste er einige Male aufgrund von Verletzungen absagen. Für ihn ist die prophylaktische Arbeit wichtig. In der Nationalmannschaft ist er noch dabei, sich seine ersten Sporen zu verdienen. Die EM ist sein erstes Turnier. Er war einer der Spieler der Saison. Ich habe ihn zuletzt gesehen beim Spiel in Mainz. Seine Effizienz war hervorragend, zwei Tore eine super Vorlage. Ein Spieler wie Marco ist auf verschiedenen Positionen einsetzbar. Er kann auf der Seite spielen, er kann aus dem offensiven Mittelfeld agieren. Ich kann mir auch gut vorstellen, ihn ganz vorne zu sehen. Wir müssen ihn im Training auch mal im Sturm testen. Wenn der Gegner sehr tief steht und Marco ganz vorne spielt, ist er auch aus unserem Kombinationsspiel heraus in der letzten Linie anspielbar. Er kann sich schnell drehen, er ist wendig, beweglich und abschlussstark. Von daher kann ich mir gut vorstellen, dass Marco Reus gegen eine defensive Mannschaft auch mal ganz vorne spielt. Das ist jedenfalls eine Überlegung wert. Ich bin mir relativ sicher, dass er das ganz gut erfüllen könnte.

den Zustand von Lukas Podolski nach dem Abstieg mit Köln:

Als er hier herkam, war er körperlich leicht lädiert. Er hatte eine Muskelverhärtung, deswegen habe ich mit ihm vereinbart, dass er in dieser Woche eine ganz spezielle Trainingsbehandlung bekommt. Weg vom Ball. Drei, vier Tage völlig individuelles Training, aber hochintensiv. Wir müssen auch zusehen, dass er den Kopf frei bekommt von der Situation in Köln. Es war wahnsinnig schwierig. Nicht nur der Abstieg, sondern das ganze Jahr hinweg. Die vielen Dinge, die dort vorgefallen sind, haben ihm ein Stück weit zugesetzt. Das haben wir hier am Anfang gemerkt. So langsam sehe ich seinen Seelenzustand wieder etwas zufriedener, er taut auf, er lacht wieder mehr, er ist auf dem Weg, der alte Lukas zu sein. Ich erwarte von ihm, dass er das, was er in den guten Spielen gezeigt hat, wieder zeigt. Da war er einer der Spieler, der fähig war, in die Tiefe zu gehen, in die Schnittstellen der Abwehr zu gehen. In vollem Tempo Wege ohne Ball zu machen. Bei der Nationalmannschaft war das immer die Stärke von Lukas. Er hat viele Tore gemacht, er hat viele Tore vorbereitet. Wir brauchen wie bei der WM 2010 einen starken Podolski.

die Fitness von Miroslav Klose und Per Mertesacker:

Per fehlt die Spielpraxis. Er braucht viele Einheiten auf dem Platz, er muss herangeführt werden. An Zweikampfverhalten und daran, Situationen richtig zu lösen. Aber ich habe Per selten so gesehen im physischen Training, im Konditionstraining, im Ausdauertrainer. Er ist unglaublich ehrgeizig und hat sich in der Beweglichkeit und im koordinativen Bereich eindeutig verbessert. Per hat insgesamt eine sehr gute Basis. Er war ja auch schon zuvor das eine oder andere Mal verletzt. In Bremen war es so, dass er dringend gebraucht worden ist und er nach ein, zwei Wochen Training mit der Mannschaft sofort wieder in den Wettkampf eingestiegen ist. Er hatte dann oft ein paar Wochen später wieder einen Rückfall und hat sich durchgeschleppt. In der Verletzungs-Zeit bei Arsenal hat er enorm viel im Reha-Bereich gearbeitet. Das hat ihm sehr gut getan. Zum jetzigen Zeitpunkt ist er sehr dynamisch, er ist körperlich sehr ausgewogen trainiert.

Miro kenne ich schon sehr lange, ich kann ihn sehr gut einschätzen. Deswegen machen wir jetzt einen Wochenplan, den er selber ein Stück weit mitgestaltet. Er weiß ganz genau, was er braucht. Wir machen eine Mischung: spielerisches Fußballtraining auf dem Platz und individuelle Einheiten im Fitnesscenter für den Köper. Miro braucht Schnelligkeit, Miro braucht Ausdauer, Miro braucht Kraftreize. Das müssen wir alles in eine Woche packen. Viele Einheiten, ein großer Umfang. Und dann sehen wir in einer Woche, wo er steht und wie er das ganze Training verkraftet hat.

das Finale der Champions League:

Mir ist vor allem wichtig, dass die Spieler ohne Verletzungen aus diesem Spiel herausgehen. Ich traue den Bayern den Titel zu. Sie haben in dieser Saison, gerade in der Endphase, und vor allem gegen Real Madrid, großartige Spiele gezeigt. Die Bayern werden am Wochenende richtig heißlaufen, sie spielen im heimischen Stadion, rein gefühlsmäßig sage ich, dass sie das schaffen werden. Die Niederlage gegen Dortmund war schmerzlich für die Bayern, aber sie werden das gut wegstecken. Wenn sie das Finale nicht gewinnen sollten, dann wird die Enttäuschung bei den Spielern an den ersten Tagen groß sein. Man muss ihnen dann eine um den einen oder anderen Tag längere Pause zugestehen. Aber ich bin sicher, dass wir es in jedem Fall schaffen, alle Spieler wieder auf den hohen Motivationslevel zu bringen, den wir brauchen.

den Konkurrenzkampf um die Plätze im endgültigen Kader:

Der Konkurrenzkampf baut sich langsam auf. Prognosen darüber, wer gesetzt sein wird und wer die Mannschaft möglicherweise verlassen könnte, sind jetzt aber viel zu früh. Es stehen ja noch etliche Trainingseinheiten und Spiele an. Es gibt jetzt noch keine Notwendigkeit, zu irgendwelchen Spekulationen. Die Positionen müssen größtenteils doppelt besetzt sein und ich muss mich fragen, welche personellen Lösungen für den gesamten Kader sinnvoll sind. Dass es denjenigen weh tut, die dann nach drei Wochen mit der gesamten Mannschaft und nach harter Arbeit mit großer Motivation trotzdem nach Hause fahren müssen, das ist auch klar. Dennoch kann es diesen Spielern für die Zukunft auch gut tun. Es gab in der Vergangenheit Spieler, die sehr davon profitiert haben, dass sie mal drei Wochen mit der Nationalmannschaft trainiert haben. Auch im Hinblick auf kommende Turniere. Die Argentinier haben beispielsweise häufig die gesamte U21-Mannschaft in der Vorbereitung dabei. Weil sie sagen, dass das die Spieler sind, die bei der nächsten WM entscheidende Rollen ausfüllen sollen.

seinen Eindruck von Julian Draxler:

Er macht es sehr gut. Wie haben bisher relativ wenig fußballspezifische Dinge gemacht. Technisch und in anderen Bereichen ist er absolut voll und normal belastbar. Er hält bei allen Trainingseinheiten ohne Probleme mit. Er ist in jungen Jahren schon gut ausgebildet, auch technisch. Natürlich werden wir in Südfrankreich weitere Eindrücke sammeln, vor allem fußballspezifisch. Ich habe ihn in der Bundesliga einige Male gesehen. Man konnte in diesem Jahr nicht erwarten, dass er konstant sein höchstes Niveau abruft. Aber einige Spiele haben mich überzeigt, ich habe gesehen, dass er ein 1:1-Spieler ist, er nimmt Tempo auf, wenn er die Möglichkeit hat, er hat Zug zum Tor, er hat Zug nach vorne. Das gefällt mir.

Parallelen zwischen dem Spiel von Borussia Dortmund und dem Spiel der Nationalmannschaft:

Wir arbeiten jetzt schon seit ein paar Jahren an unseren Ideen und unseren Vorstellungen vom Spiel. Wer uns beobachtet, weiß, dass unsere Spielweise nicht meilenweit von der der Dortmunder entfernt ist. Schnelles Umschalten, blitzartige Angriffe Richtung Tor. Das, was Dortmund in der Bundesliga macht, ist bemerkenswert, keine Frage. Sie kommen nach Ballgewinn immer sehr schnell zum Torabschluss. Das trifft seit längerer Zeit vollumfänglich auch auf die Nationalmannschaft zu. Was uns unterscheidet, ist das Spiel aus der Abwehr heraus, das in Dortmund eher von langen hohen Bällen geprägt ist. Wir wollen unser Spiel ein bisschen anders aufbauen, aber ansonsten sind die Spielweisen schon ähnlich.

Mesut Özil und Sami Khedira:

Sie waren nach dem Aus in der Champions League natürlich ein wenig niedergeschlagen. Aber sie haben in der Liga Maßstäbe gesetzt. Spanischer Meister vor dem FC Barcelona, das bedeutet schon was. Beide Spieler haben sich bei Real durchgesetzt. In unseren Analysen vor der EM haben wir festgestellt, dass Mesut Özil und Sami Khedira läuferisch riesige Fortschritte gemacht haben. Özil ist ohne Ball wahnsinnig gut, Khedira ist läuferisch sehr präsent. Beide sind körperlich in einer guten Verfassung.

das Relegationsspiel zwischen Hertha BSC und Fortuna Düsseldorf:

Zunächst mal Gratulation an Düsseldorf zum Bundesliga-Aufstieg. Dass, was am Ende des Spiels passiert ist, verurteile ich aufs Äußerste. Trainer, Spieler und Vereinsverantwortliche gehen in die Kabine, das Spiel endet 2:2 und alle fragen sich, ob man wirklich aufgestiegen ist oder ob es noch ein Nachspiel gibt. Ich finde es ungeheuerlich, dass eine Minderheit von Fans vor Spielende den Platz stürmt. Es geht um so viel, es geht um den Aufstieg in die Bundesliga, es geht um Existenz, es geht um die Zukunft und es geht um diesen großen Erfolg. Die Fans müssen warten, bis das Spiel abgepfiffen ist, dann können Sie ihrer Freude freien Lauf lassen.

16 May 2012
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Thursday, 2 January 2014

Löw: "Wichtig für das Turnier ist es, dass wir nicht der Musik hinterherlaufen", 10.06.2012

Nach dem Auftaktsieg über Portugal bei der Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine äußert sich der Bundestrainer zum Spiel. Joachim Löw lobt die Defensive, sieht im Spiel nach vorne aber noch Steigerungspotenzial und erklärt, warum Mats Hummels und Mario Gomez den Vorzug vor Per Mertesacker und Miroslav Klose erhalten haben.

Frage: Herr Löw, wie bewerten Sie den gelungenen EM-Auftakt Ihrer Mannschaft?

Joachim Löw: Der Start in eine EM ist wie ein Formel-1-Rennen, nur ohne eine Warm-up-Runde. Es geht sofort in die Vollen, man muss sofort da sein, ohne dass man sich vernünftig warmmachen kann. Gegen Portugal ging es für uns nach der etwas holprigen Vorbereitung in erster Linie um das Ergebnis, um die drei Punkte. Wichtig für das Turnier ist es, dass wir nicht der Musik hinterherlaufen müssen.

Frage: Warum konnte Ihre Mannschaft noch nicht die von Ihnen erhoffte Sicherheit ausstrahlen?

Löw: Nach dem Ergebnis zwischen den Niederlanden und Dänemark waren beide Mannschaften etwas angespannt, denn der Verlierer hätte dann gleich eine K.o.-Situation vor sich gehabt. Dshalb ging es auch darum, ein Gegentor unbedingt zu vermeiden. Keiner wollte in Rückstand geraten. Zudem gehört Portugal zu den besten Mannschaften in Europa, das haben sie auch gegen uns gezeigt. Das Spiel war insgesamt sehr vom Taktischen geprägt, beide Teams haben gut verteidigt.

Frage: Was hat Ihnen am Spiel Ihrer Mannschaft besonders gut gefallen?

Löw: Wir haben in der Defensive viel kompakter gestanden als zuletzt in den Testspielen, wir waren insgesamt sehr wachsam. Die Innenverteidigung stand sehr sicher, auch Jerome Boateng und Philipp Lahm auf den Außenpositionen haben ihre Sache sehr gut gemacht. Boateng hat Cristiano Ronaldo weitestgehend im Griff gehabt. Aber alle Abwehrspieler waren sehr präsent in den Zweikämpfen.

Frage: Was hat Ihnen nicht so gefallen?

Löw: Wir hätten einige Angriffe besser durchspielen können, aber das wird noch kommen. Wir müssen insgesamt noch zielstrebiger werden und uns noch mehr Chancen herausarbeiten. Da bin ich aber zuversichtlich, denn für uns hat das Turnier jetzt richtig begonnen. Der Sieg wird uns auch Sicherheit in unserem Spiel nach vorne geben.

Frage: Sie haben mit zwei Personalentscheidungen überrascht. Warum haben Sie sich im Sturm für Mario Gomez und in der Innenverteidigung für Mats Hummels entschieden?

Löw: Die Entscheidung zugunsten von Gomez stand schon zwei, drei Tage fest. Darüber hatte ich auch mit Miroslav Klose gesprochen. Ihm fehlten zuletzt noch einige Prozent, obwohl er ähnlich wie Mertesacker im Training sehr gut gearbeitet hat und jetzt wieder voll auf der Höhe ist. Aber Gomez hat das ganze Jahr gespielt und sehr viele Tore gemacht. Und seine Klasse hat er auch gegen Portugal bewiesen. Eine Chance, ein Tor - das spricht für seine besondere Qualität. Hummels hat den Vorzug erhalten, weil er mit Rückenwind und Spielpraxis aus der Saison kam. Per fehlte zuletzt die Wettkampfpraxis.

Frage: Ist der Eindruck richtig, dass Sie Gomez kurz vor seinem Treffer eigentlich schon gegen Klose auswechseln wollten?

Löw: Ja, das stimmt. Das war so die Zeit zwischen der 70. und 75. Minute, wo man als Trainer was machen will. Mario hatte viel Laufarbeit verrichtet, hatte Pepe ständig unter Druck gesetzt. Er schien mir etwas müde. Wir wollten ihn in der Tat zwei Minuten vor seinem Tor auswechseln. Ich muss mit dem vierten Schiedsrichter noch mal hart ins Gericht gehen. Aber er hat so lange gebraucht, das anzuzeigen. Mario hat dann das Tor gemacht, so dass wir noch ein bisschen gewartet haben.

Frage: Wie hat Ihnen Bastian Schweinsteiger gefallen? Löw: Bastian ist sehr wichtig für die Mannschaft. Er war von Beginn an der Organisator und war gemeinsam mit Sami Khedira sehr präsent im Mittelfeld. Man darf nicht vergessen, dass er in der Endphase der Saison sehr viel gespielt hat, zuletzt sogar noch 120 Minuten im Finale der Champions League.

Frage: Am Mittwoch steht das zweite Gruppenspiel gegen den Erzrivalen Niederlande auf dem Programm. Was hat sich nach der 0:1-Niederlage der Niederländer gegen Dänemark an der Ausgangslage geändert?

Löw: Mir wäre es lieber gewesen, wenn dieses Spiel unentschieden geendet hätte. Die Niederlande stehen jetzt mit dem Rücken zur Wand, sie müssen voll auf Sieg spielen. Das macht die Partie nochmal ein Stück brisanter und für uns noch schwieriger als ohnehin schon erwartet.

10 June 2012
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Joachim Löw: "Defensivarbeit ist noch nicht perkekt", 01.03.2012

Nach dem Spiel gegen Frankreich stellte sich Bundestrainer Joachim Löw den Journalisten.

Frage: Herr Löw, Ihre Mannschaft ist mit einer Niederlage in das EM-Jahr gestartet. Welche Erkenntnisse haben Sie beim 1:2 gegen Frankreich gewonnen?

Joachim Löw: In erster Linie, dass wir in der Defensive nicht stabil waren. Da müssen wir mit Blick auf die EM noch einiges tun. Wir haben nicht mit der größten Konsequenz und Intensität nach hinten gearbeitet. Da waren viel zu viele Räume vorhanden, da ist einiges auseinandergebrochen. Offensiv können wir auf einem sehr hohen Niveau spielen. Die Defensivarbeit ist aber noch nicht perfekt, das war schon in einigen Spielen des vergangenen Jahres nicht unbedingt das Gelbe vom Ei. Da bedarf es noch vieler Trainingseinheiten.

Frage: Ihre Mannschaft wurde im vergangenen Jahr zumeist gefeiert, zum Jahresauftakt gab es wieder mal ein paar Pfiffe...

Löw: Das werde ich nicht überbewerten. Mit unseren guten Ergebnissen und Leistungen haben wir zuletzt unsere Fans verwöhnt und damit auch die Euphorie natürlich auch angeheizt. Gegen Frankreich lief es dann nicht so gut, aber damit kann ich leben.

Frage: Ist Deutschland nach so einer Niederlage zunächst einmal die Favoritenrolle für die EM los?

Löw: Das hängt doch nicht von einem Spiel ab. Ich habe immer wieder betont, dass es bei der EM nicht nur einen Favoriten gibt. Spanien, Italien und Frankreich gehören dazu, und wir natürlich auch. Bei so einem Turnier entscheiden dann Nuancen darüber, wie weit man kommt. Deshalb dürfen wir auch auf einem hohen Niveau nicht zufrieden sein.

Frage: Kann es möglicherweise sogar hilfreich sein, dass die Euphorie ein bisschen gedämpft wurde?

Löw: Ich weiß nicht, ob sie gedämpft wird oder nachher wieder da ist, wenn die EM losgeht. Ganz ehrlich interessiert mich das auch nicht so besonders. Es ist doch klar, dass Deutschland immer als großer Favorit in ein Turnier geht. Manchmal schwappt die Euphorie zu sehr rüber, manchmal brechen gleich alle Dämme, wenn es mal nicht so gut läuft.

Frage: Sie machen sich also nach dieser Niederlage keine großen Sorgen?

Löw: Nein, denn unabhängig vom Ergebnis habe ich gewusst, woran wir bis zur EM noch arbeiten müssen. Ich weiß, dass wir eine gute Basis haben. Wir haben mit vielen, vielen guten Spielen die Erwartungshaltung angehoben. Aber im März sind schon viele Dinge passiert bei uns in den letzten Jahren. Was im März passiert, ist für den Trainer nicht so ausschlaggebend. Wir müssen eine gute Vorbereitung haben und dann beim Turnier topfit sein. Dann müssen alle Spieler auf einem Topniveau sein.

Frage: Wie sieht Ihr Arbeitspensum in den kommenden Wochen bis zum Saisonschluss aus?

Löw: Sicherlich werden meine Mitarbeiter und ich auch weiterhin Spiele in der Bundesliga beobachten, obwohl wir dort unsere Kandidaten in- und auswendig kennen. Wir werden deshalb auch im Ausland unterwegs sein. Ich werde sicherlich noch mal nach Madrid, Rom und London reisen und vielleicht auch das eine oder andere Ligaspiel in Portugal oder in Holland besuchen.

1 March 2012
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Jogi Löw: "Wir werden unseren Spielstil nicht umstellen", 23.06.2013

Die Generalprobe Confed Cup war auch für Fußball-Bundestrainer Joachim Löw ein Testlauf für die WM 2014 in Brasilien. Löw (53), sein Assistent Hansi Flick und Manager Oliver Bierhoff sammelten vor Ort Erfahrungen, um in zwölf Monaten gut gerüstet ins Turnier gehen zu können, bei dem die deutsche Mannschaft als Mitfavorit auf den Titel gilt. Im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) spricht Löw über die Proteste vor Ort, seine sportlichen Eindrücke und darüber, wie diese bei der WM seine taktische Ausrichtung beeinflussen könnten.

Frage: Joachim Löw, nach Ihrer Stippvisite beim Confed Cup: Was waren Ihre Eindrücke?

Joachim Löw: Ich bin begeistert von Brasilien, obwohl es hier organisatorisch die eine oder andere Schwierigkeit gegeben hat. Aber die Begeisterung der Leute, ihre große Freude am Fußball, ist etwas Wunderbares. Egal, wo man hinkommt: Die Stadien sind gefüllt, es herrscht eine unglaubliche Stimmung. Bei mir ist die Vorfreude auf die WM noch einmal extrem gestiegen.

Frage: Trotz der allgegenwärtigen Proteste?

Löw: Natürlich haben wir die Proteste über die Medien mitbekommen, direkt aber nur ein wenig in Fortaleza, als der Verkehr zum Stadion deshalb fast zusammengebrochen ist. Es ist schon verständlich, wenn die Leute für mehr Bildung und bessere Lebensbedingungen protestieren. Hierfür werden ja oft Großereignisse genutzt. Auch die brasilianische Mannschaft um Trainer Luiz Felipe Scolari hat mehr als Verständnis für die Demonstranten.

Frage: Sie werden die Frage der Quartierwahl auch unter diesem Gesichtspunkt betrachten. Sind Sie denn da schon weitergekommen?

Löw: Wir haben da einige Eindrücke gesammelt, werden die aber erst zu Hause auswerten und uns dann in Ruhe Gedanken machen, wo wir hingehen. Salvador da Bahia ist dabei eine von mehreren Optionen, aber wir haben auch noch zwei, drei andere wie etwa São Paulo oder Recife. Wir müssen uns da jetzt erst einmal die Vor- und Nachteile jedes Standortes vor Augen führen. Wann wir die Entscheidung dann fällen, steht noch nicht fest.

Frage: Speziell die Italiener klagten beim Confed Cup über die teilweise strapaziösen klimatischen Bedingungen. Sehen auch Sie darin ein Problem?

Löw: Für europäische Mannschaften ist das in der Tat ungewohnt, darauf muss man sich einstellen, auch taktisch. Die Brasilianer oder Mexikaner, die ja hier beim Confed Cup dabei sind, aber auch Mannschaften wie Argentinien oder Ecuador haben da sicher mehr Erfahrung. Aber ich mache mir da keine großen Sorgen, wir haben vor dem Turnier ja auch ein bisschen Eingewöhnungszeit vor Ort.

Frage: Worauf wird es dabei ankommen?

Löw: Gute körperliche Voraussetzungen sind entscheidend, das wird eine wesentliche Rolle spielen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass man je nach Spielplan zu weiten Reisen gezwungen ist. Und die Spiele, die wir hier gesehen haben, hatten fast ausnahmslos ein gutes Niveau, gutes Tempo - da hat man gesehen, dass man nur spielerisch eine Chance hat. Wer glaubt, hier mit destruktivem Fußball etwas gewinnen zu können, der täuscht sich gewaltig.

Frage: Experten behaupten, auch mit Dauer-Pressing sei 2014 nichts zu gewinnen, weil es schlicht zu kraftraubend sei. Müssen Sie den Spielstil Ihrer Mannschaft an die Gegebenheiten anpassen?

Löw: Wir werden sicher nicht unseren Spielstil umstellen können, sondern wir müssen versuchen, ihn auf den Platz zu bringen. Das Spiel unserer Mannschaft zeichnet ein gutes Umschaltspiel aus, und, dass wir nach Ballbesitz schnell zum Torabschluss kommen - und zwar noch bevor der Gegner Zeit hat, sich neu zu formieren. Denn danach wird es schwieriger. Das ist im modernen Fußball essenziell - und darauf wird es 2014 in Brasilien ankommen. Deshalb können die hier herrschenden Verhältnisse vielleicht sogar ein Vorteil für uns sein.

23 June 2013
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