Frage: Herr Löw, Sie waren am Dienstag Gast der Bundesliga-Jubiläumsgala in Berlin. Was ist persönlich Ihre schönste Erinnerung an 50 Jahre Bundesliga?
Joachim Löw: Mein schönstes Erlebnis war, als ich selbst das erste Mal bei einem Bundesligaspiel mit dem VfB Stuttgart auf dem Platz stand. Ich bin damals zur Saison 1979/1980 zum VfB gewechselt und habe mir vor der Saison das Bein gebrochen - ich musste also sehr lange warten. Aber als ich dann das erste Mal den Rasen betreten habe, da war das etwas ganz, ganz Besonderes für mich als junger Spieler.
Frage: Wir haben vor wenigen Wochen ein deutsches Champions-League-Finale gesehen, die Bundesliga ist obenauf. Wie sehen Sie den Stellenwert der Liga innerhalb Europas?
Löw: Der Stellenwert ist sehr hoch. Wir werden allseits gelobt für Infrastruktur, tolle Stadien, tolle Atmosphäre, viele Zuschauer, Begeisterung und Spielfreude. Gerade in der letzten Saison hat die Bundesliga auch sportlich überzeugt. Dass wir zwei deutsche Teams im Champions-League-Endspiel hatten, wird nun von der ganzen Welt anerkannt. Von daher steht die Bundesliga vor ihrer 51. Saison ganz hervorragend da.
Frage: Aus dieser starken Bundesliga sind im Sommer die Nationalspieler Mario Gomez und André Schürrle ins Ausland gewechselt. Ist auch das Ausdruck der momentanen Stärke und der Anerkennung?
Löw: Ich erinnere mich noch an Phasen als Bundestrainer, da waren nur ein oder zwei unserer Nationalspieler im Ausland aktiv. Und vor 2010 standen deutsche Spieler bei den Topvereinen eigentlich gar nicht mehr auf dem Wunschzettel. Das änderte sich wieder mit der WM 2010, als mit Mesut Özil, Sami Khedira oder auch Thomas Müller, Bastian Schweinsteiger und Manuel Neuer einige Spieler wieder in den Mittelpunkt gerückt sind. Mittlerweile spielen wieder mehr im Ausland, und man sieht natürlich auch, dass Vereine aus Madrid oder London sich immer wieder für deutsche Spieler interessieren. Das spricht für eine gute Bundesliga und natürlich auch eine sehr gute Ausbildung in Deutschland.
Frage: Die Bundesligatrainer rechnen am Saisonende in der Mehrheit mit dem FC Bayern München als Deutschem Meister. Wie sehen Sie die Situation?
Löw: Ganz oben sehe ich aktuell nur die Bayern und Borussia Dortmund nahezu auf Augenhöhe, falls sie keine Verletzungssorgen haben. Dortmund ist mit den ersten elf oder zwölf Spielern fast ebenbürtig - das hat man ja auch zuletzt im Supercup gesehen, als München verloren hat. Die Bayern jedoch sind in der Breite stärker besetzt und können über eine ganze Saison auch mal drei oder vier Spieler einfach ersetzen. Beide Mannschaften sind ohne Zweifel extrem stark. Bei allem Respekt für Teams wie Leverkusen oder Schalke sehe ich für Bayern und Dortmund keine ernsthaften Konkurrenten, wenn es um den Titel geht. Sie werden das unter sich ausmachen, denn qualitativ kommt da keine andere Mannschaft ran.
Frage: Im Sommer gab es einige Diskussionen, dass die deutsche U 21-Nationalmannschaft bei der EM in Israel nicht mit der bestmöglichen Mannschaft angetreten ist. Wird sich diese Situation in den nächsten Jahren verändern?
Löw: Das muss man immer situativ entscheiden, und es hängt letztlich auch von den Belangen der A-Mannschaft ab. Wir hatten ja schon im letzten Jahr gesagt, dass wir 2013 eine Amerikareise machen - und der Zeitpunkt war für uns absolut passend. Und es gibt eben Spieler, die sich in der A-Mannschaft etabliert haben. Ilkay Gündogan zum Beispiel, er ist ganz klar A-Nationalspieler. Genauso wie Mario Götze. Sie sind in der Qualifikation gesetzt und spielen natürlich auch eine Rolle in den Überlegungen in Richtung wichtiger Turniere.
Frage: Sie nominieren am Donnerstag das Aufgebot fürs Länderspiel gegen Paraguay. Wird es Überraschungen geben?
Löw: Nein, wahrscheinlich nicht. Einige waren zuletzt bei der Amerikareise nicht dabei, einige werden zurückkehren.
7 August 2013
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