Friday, 4 December 2015

Joachim Löw: "Vom Duell Spanien-Deutschland Verabschieden", 12.10.2011

Deutschland und Spanien sind ohne Punktverlust durch die Qualifikation zur Europameisterschaft in Polen und der Ukraine 2012 marschiert. Im Gespräch nach dem abschließenden 3:1-Heimsieg im letzten Gruppenspiel gegen Belgien blickt Bundestrainer Joachim Löw auf die EM-Qualifikation zurück und verabschiedet sich von einem deutsch-spanischen Duell.

Frage: "Die deutsche Mannschaft hat durch das 3:1 gegen Belgien den zehnten Sieg im zehnten EM-Qualifikationsspiel geschafft und damit einen Rekord für die Ewigkeit aufgestellt. Was bedeutet Ihnen diese Bestmarke?"

Joachim Löw: "Zehn Spiele, zehn Siege - was will man mehr? Das ist nach einer schweren WM in den vergangenen 14 Monaten eine tolle Leistung der Mannschaft gewesen. Der Rekord war lange keine Thema für uns, aber vor dem Spiel gegen Belgien habe ich ihn thematisiert. Denn die Namen der aktuellen Spieler werden immer mit diesem Rekord verbunden bleiben."

Frage: "Hat diese Bestmarke auch noch andere Auswirkungen?"

Löw: "Ja, denn mit jedem Sieg verdient man sich weiteren Respekt. Und das merkt man auch in den Spielen. Es ist ein Vorteil für jede Mannschaft, wenn der Gegner einem gehörigen Respekt entgegenbringt. Gerade auch bei einem Turnier ist das wichtig."

Frage: "Was hat Ihnen zum Qualifikationsabschluss besonders an Ihrer Mannschaft gefallen?"

Löw: "Man hat gesehen, dass die Mannschaft nach wie vor hungrig ist. Sie will jedes Spiel gewinnen. Dafür gebührt ihr ein Riesenkompliment. Zudem spürt man bei den Spielern, dass sie nie nachlassen und sich immer weiter verbessern wollen."

Frage: "Können Sie beschreiben, in welchen Bereichen sich Ihre Mannschaft nach der WM in Südafrika weiterentwickelt hat?"

Löw: "Das sind ja oft nur Nuancen. Die Automatismen funktionieren besser, das Spiel ohne Ball hat sich weiter verbessert. Unsere Systematik und das Niveau sind sehr gut beziehungsweise hoch. Wir haben uns zudem nach dem Turnier unglaublich stabil gezeigt. Wir spielen schnell, sicher und zielstrebig und wir finden heute bessere Lösungen als noch im Sommer 2010."

Frage: "Wie groß ist der Kreis Ihrer EM-Kandidaten für Polen und die Ukraine?"

Löw: "25, 30 Spieler, es ist immer schwierig, sich da auf eine genaue Zahl festzulegen. Ich weiß nur, dass die Nominierung im nächsten Jahr relativ einfach für mich wird, sofern die Spieler ihre Form halten. Ich habe mich vor den letzten Turnieren schwerer getan, weil ich mir über manche Qualitäten nicht so sicher war. Sicher wird es aber auch vor dieser EM einige Härtefälle geben. Mal sehen, was bis zur Nominierung noch alles passiert. Mein Gefühl, alle Positionen doppelt zu besetzen, ist aber gut, denn wir haben Alternativen geschaffen. Dass junge Spieler auf die ein bisschen älteren Jungen Druck machen, ist aber weiterhin das Ziel."

Frage: "Was erwarten Sie von Ihren Kandidaten in den kommenden Monaten?"

Löw: "Ich erwarte, dass alle die Konzentration hochhalten und in ihren Vereinen weiter seriös arbeiten. Gerade wenn man nicht mehr so viele Länderspiele bis zum Turnierstart hat, muss entsprechend im Verein gerabeitet werden. Man kann nicht in eine gute EM-Form kommen, wenn man erst im April anfängt."

Frage: "Deutschland zählt nach seinen starken Vorstellungen in der Qualifikation zu den Topfavoriten bei der EM. Wie schätzen Sie Ihre Mannschaft im Vergleich zu Welt- und Europameister Spanien ein?"

Löw: "Nachdem ich mich in dieser Woche schon von dem Begriff Stammspieler verabschiedet habe, verabschiede ich mich auch von dem Duell Deutschland-Spanien. Dieses Spiel muss es bei dem Turnier ja gar nicht geben, auch wenn alle nur von diesem Duell reden. Die Niederlande, England, Portugal, Frankreich, das sind alles Mannschaften, die zum Favoritenkreis zählen. Spanien und wir werden nicht alleine die Hauptrollen bei der EM spielen. Wir müssen auch einige andere Hürden überspringen und nicht nur Spanien."

12 OCtober 2011
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Sieger-Pulli von Joachim Löw kommt ins DFB-Fussballmuseum, 10.10.2011

Der bei der WM 2010 in Südafrika als Glücksbringer berühmt gewordene blaue Kaschmir-Pullover von Bundestrainer Joachim Löw wird seine Heimat im DFB-Fußballmuseum finden. Nach der Weltmeisterschaft hatte die GALERIA Kaufhof GmbH das Kleidungsstück mit Symbolcharakter für 1 Mio. Euro zugunsten der Hilfsorganisation "Ein Herz für Kinder" ersteigert.

Einen Tag vor dem EM-Qualifikationsspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Belgien überreichte Lovro Mandac, Vorsitzender der Geschäftsführung des Warenhausunternehmens, den WM-Siegerpulli Manuel Neukirchner für das entstehende DFB-Fußballmuseum.

Lovro Mandac sagte bei der Übergabe in Anwesenheit von Bundestrainer Joachim Löw in Düsseldorf: "Obwohl mit der Europameisterschaft 2012 schon wieder das nächste wichtige Ereignis bevorsteht, erinnern sich die Fans noch gerne an die spannenden Spiele während der WM 2010. Der blaue Pullover hat als wichtiger Talisman ein Stück Fußball-Geschichte geschrieben. Deshalb kommt er nach Hause – ins DFB-Fußballmuseum nach Dortmund. Wir haben uns dafür entschieden, den Glücksbringer als Dauerleihgabe dem neuen Museum zur Verfügung zu stellen, denn auf diese Weise kann jeder Fußball-Fan noch einmal in WM-Euphorie schwelgen und sich auf die nächsten wichtigen Turniere einstellen."

"Mit dem blauen Pullover des Bundestrainers erhält das DFB-Museum ein tolles Exponat", freut sich Manuel Neukirchner, Geschäftsführer der Stiftung DFB Fußballmuseum: "Der Pulli erzählt einen Teil der Geschichte rund um die begeisternden Spiele unserer Mannschaft bei der WM in Südafrika. Das gute Stück wird daher in unserer multimedialen und erlebnisorientierten Ausstellungsdramaturgie sofort Erinnerungen wecken und die WM 2010 lebendig werden lassen."

Joachim Löw trug den Pullover in Südafrika bei den erfolgreichen WM-Vorrundenspielen gegen Australien und Ghana sowie bei den begeisternden Begegnungen gegen England (Achtelfinale) und Argentinien (Viertelfinale) und wurde zum Talisman für die deutsche Nationalelf. Einzig bei der Niederlage im Vorrundenspiel gegen Serbien hatte Löw statt des Pullis eine Strickjacke getragen, bei der Halbfinal-Niederlage gegen Spanien endete die Siegesserie mit dem blauen Pullover, der Kultstatus erlangte. "Ich wünsche mir, dass der Pullover im Museum einen würdigen Platz findet und gut behütet wird. Vielleicht kann ich bei den nächsten Turnieren dann nochmal auf ihn als Glücksbringer zurückgreifen", sagte Bundestrainer Joachim Löw mit einem Schmunzeln.

Zu sehen ist der Löw-Pulli voraussichtlich ab 2014. Der Spatenstich für den Neubau des DFB-Fußballmuseums auf der rund 6.000 Quadratmeter großen Grundstücksfläche soll nach der Planungs- und Genehmigungsphase im Jahr 2012 erfolgen. Für die Gebäudefertigstellung sind bei optimalem Bauverlauf 24 Monate vorgesehen.

10 October 2011
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Sunday, 26 July 2015

Joachim Löw: "Ein super Abschluss der beiden Landerspiele", 07.09.2006

Nach dem EM-Qualifikationsspiel in San Marino hat sich Bundestrainer Joachim Löw im Interview zum 13:0 (6:0)-Sieg der deutschen Nationalmannschaft geäußert.

Frage: Joachim Löw, mit dem 13:0 gegen San Marino haben Sie mit Ihrem Team den höchsten Sieg der Nachkriegsgeschichte und zudem einen perfekten Start in die EM-Qualifikation gefeiert. Wie lautet Ihr Fazit?

Joachim Löw: Wer jetzt nicht zufrieden ist, der ist selber schuld. Ob 11, 12, oder 13:0, das spielte am Ende keine Rolle mehr. Man hat gespürt, dass die Spieler mit sehr viel Spaß und Freude bei der Nationalmannschaft sind. Das 13:0 gegen San Marino war nach dem Erfolg gegen Irland ein super Abschluss der beiden Länderspiele.

Frage: Wie haben Sie Ihre Mannschaft auf dieses besondere Spiel vorbereitet? Oftmals unterschätzt man als Favorit ja die so genannten Fußball-Zwerge...

Löw: Wenn man diese Partien nicht voll konzentriert angeht, dann sind diese vermeintlich leichten Spiele manchmal mitunter auch die schwierigsten. Es ist schwer, in so einem Ambiente einen emotionalen Höhepunkt abzurufen. Die Mannschaft hat das aber klasse umgesetzt.

Frage: Lukas Podolski hat vier Treffer beigesteuert und scheint auch ansonsten auf dem Weg zu alter Stärke. Wie beurteilen Sie die Leistung Ihres Angreifers?

Löw: Wenn ein Spieler wie Lukas Podolski vier Tore schießt, dann ist so ein Spiel natürlich besonders wertvoll. Das war gut für sein Selbstvertrauen. Vor allem für die Spieler, die in ihren Vereinen zuletzt im zweiten Glied standen, war das eine wichtige Partie. Auch für Thomas Hitzlsperger ist es toll, in nur 30 Minuten zwei Tore zu machen. So etwas bringt die Spieler ein Stück weit voran.

Frage: Michael Ballack fehlt dagegen noch ein Stück zur alten Stärke. Warum haben Sie ihn bereits nach 45 Minuten ausgewechselt?

Löw: Ballack hatte leichte Probleme im Oberschenkel. Kurz vor der Pause hat der Muskel zugemacht, da war es besser ihn rauszunehmen, denn wir wollten kein Risiko eingehen. Miro Klose haben wir auch ganz bewusst rausgenommen. Er hat vor, während und nach der WM unheimlich viele Spiele gemacht und ein unglaubliches Pensum absolviert. Leider konnte man heute nur drei Spieler rausnehmen, sonst hätte ich noch mehr getauscht.

Frage: Mit dem Sieg gegen San Marino haben Sie die Tabellenführung in Ihrer EM-Qualifikationsgruppe erobert. Nach dem Test gegen Georgien in Rostock wartet dann die Slowakei auf die deutsche Nationalmannschaft...

Löw: Die Slowakei ist natürlich ein ganz anderer Prüfstein. Aber ehrlich gesagt, habe ich mir noch kein genaues Bild über die anderen Gruppengegner gemacht. Aber dass die Slowaken so deutlich gegen die Tschechen verloren haben, überrascht mich schon. Denn sie haben sehr gute Einzelspieler. Man darf sie trotz dieser Niederlage auf keinen Fall unterschätzen.

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Friday, 3 July 2015

Löw: "Qualität zählt mehr als Erfahrung", 05.04.2011

Bundestrainer Joachim Löw spricht im Interview der Woche mit Eurosport über den Verlauf der EM-Qualifikation, Schönspielerei und einen Titel mit der Nationalelf. Zudem verrät der 51-Jährige, was Teams wie Borussia Dortmund auszeichnet und warum Vereine nicht immer den Trainer wechseln sollten.

Das Interview führte Hans Finger

Die EM-Qualifikation ist für die deutsche Nationalmannschaft bisher perfekt gelaufen. Fünf Siege, 15 Punkte - haben Sie das so erwartet?

Joachim Löw: Es war sicherlich eingeplant, dass wir die Spiele gegen Kasachstan und Aserbaidschan gewinnen. Am Anfang der Qualifikation war ich schon positiv angetan, weil wir eine lange WM hatten. Die Spieler waren bis zum Schluss dabei und hatten eine ziemlich kurze Pause und eine ganz kurze Vorbereitungszeit. Dann haben wir in Belgien gespielt und dann gegen die Türkei - das waren schon Spiele, wo ich mir gedacht habe: Vielleicht erreichen wir einmal nicht unseren Standard. Aber dann hat die Mannschaft das klasse gemacht und überzeugende Siege errungen. Diese Konstanz hat mich überrascht.

Apropos Konstanz, Sie haben jüngst Ihren Vertrag als Bundestrainer bis 2014 verlängert. Ist das eine Bestätigung für das Potenzial, das Sie im deutschen Fußball mittelfristig sehen?

Löw: Auf dem Weg, den wir seit einigen Jahren gemacht haben, vor allem 2009 und 2010 mit der WM, habe ich große Entwicklungssprünge gesehen. Das ist für mich als Trainer eine Befriedigung und Bestätigung für unsere Arbeit. Ich denke, dass wir mit unserer jungen Mannschaft die nächsten zwei, drei Jahre große Möglichkeiten haben. Die Perspektiven sind sehr gut. Wir können uns noch weiterentwickeln - diesen Weg möchte ich gerne begleiten.

Inwiefern sind Sie bestrebt, Spiele nicht nur zu gewinnen, sondern dabei auch noch schön zu spielen?

Löw: Die wichtigste Maxime für mich als Trainer war besser zu spielen als der Gegner. Und Punkt zwei: natürlich zu gewinnen. Ich möchte keine Mannschaft haben, die nur auf Teufel komm raus Spiele gewinnt, aber bei der Spielstil und Spielkultur nicht stimmen. Ich möchte eine Mannschaft, die dominant ist und besser Fußball spielen kann als der Gegner. Darauf arbeiten wir hin. Natürlich sind auch Ergebnisse wichtig, daran wird man gemessen. Aber ich möchte auch eine Mannschaft, die gut spielt.

Die Nationalmannschaft wird immer jünger. Ist die Erfahrung mittlerweile nicht mehr so wichtig?

Löw: Zuerst ist es keine Frage des Alters, sondern der Qualität. Als Trainer wird man die Mannschaft immer so zusammensetzen, dass man das Gefühl hat: Diese Spieler passen am besten zusammen. In den letzten Jahren habe ich aber auch die Erfahrung gemacht, dass die Qualität über der Erfahrung steht. Das hat man bei der WM 2010 gesehen. Müller, Khedira, Neuer, Özil - die hatten überhaupt keine Turniererfahrung und alle wenig Länderspiele - aber sie haben trotzdem überragend gespielt.

Dann dürfte es Sie freuen, dass die Trainer in der Bundesliga vermehrt auf junge Kräfte setzen.

Löw: Ja, das sehe ich positiv. Nehmen wir einfach mal den Dortmunder Jürgen Klopp, der fünf, sechs, sieben, acht junge Spieler einbaut, sie ins kalte Wasser schmeißt, ihnen auch das Vertrauen gibt. Das brauchen die.

Ist die Bundesliga dabei, England und Spanien den Rang abzulaufen?

Löw: Wir sind schon noch ein Stück hinterher, das muss man so deutlich sagen. In diesem Jahr hat mit Schalke nur eine deutsche Mannschaft das Viertelfinale in einem europäischen Wettbewerb erreicht - England und Spanien schicken mehrere Teams ins Rennen. Das spricht jetzt nicht für die Bundesliga.

Sie sprechen Dortmund an. Die Mannschaft führt souverän die Tabelle der Bundesliga an. Was ist ihr größter Pluspunkt?

Löw: In erster Linie der Trainer, er hat die Mannschaft ja zusammengestellt und geformt. Bei Dortmund sehe ich eine sich wiederholende Spielweise, eine klare Handschrift. Ich weiß, wie Dortmund spielt und ich sehe, dass sich Dinge wiederholen, Automatismen vorhanden sind - das macht diese Mannschaft so stark. Darüber hinaus sind die Spieler körperlich in einer sehr guten Verfassung. Sie können jedes Spiel 90 Minuten hohes Tempo gehen und richtig Druck machen.

90 Minuten hohes Tempo, Druck machen - Sie leben mit der Nationalelf gewissermaßen das vor, was in vielen Bundesliga-Mannschaften praktiziert wird.

Löw: Gewisse Dinge, die wir mit der WM 2006 begonnen haben, zum Beispiel Fitnesscoaches und Sportpsychologen einzusetzen, die im individuellen Bereich mit den Spielern arbeiten, haben sich in den Vereinen festgesetzt, da gab es ja große Widerstände. Wir sehen, dass das der richtige Weg ist. Mit der WM 2010 ist die Denkweise gefestigt worden, eigene, junge Spieler einzubauen und diese Plätze nicht durch mittelmäßige und durchschnittliche Ausländer zu besetzen.

In den vergangenen Wochen haben andere Schlagzeilen die Bundesliga bestimmt. Wie beurteilen Sie die ganzen Trainerwechsel?

Löw: Die Bundesliga hat sicherlich kein positives Bild abgegeben. Was da passiert ist, war schon kurios. Da sorgt auch in den Vereinen und vor allem bei den Spielern für viel Unruhe und manchmal Nervosität. Einige Nationalspieler sind ja auch betroffen. Man muss das zwar von Fall zu Fall betrachten, aber Konstanz und Kontinuität bei Trainern in Vereinen mit einer klaren Philosophie ist auf Dauer immer erfolgreicher als ständige Wechsel.

Ist dann für Sie der große Titel in der Nationalmannschaft nicht bald mal fällig?

Löw: Sagen wir es so: Wir sind titelreifer als 2006 oder 2008. Das ist aber eine Momentaufnahme. Vielleicht sieht in eineinhalb Jahren vieles anders aus. Das hängt immer davon ab, wie sich Spieler entwickeln oder ob sich wichtige Spieler verletzen. Bei einem Turnier weiß man natürlich auch, dass unvorhersehbare Dinge passieren können, zum Beispiel ein Elfmeterschießen. Da geht es knapp zu, das haben wir alles selber erlebt. Wir sind auf einem guten Weg und gehören zu den Nationen, die einen modernen Fußball spielen, der vertikal ist, der schnell ist und der Fußballkultur beinhaltet. Das Maß aller Dinge ist allerdings Spanien.

5 April 2011
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Tuesday, 26 May 2015

Das aktuelle Interview mit Joachim Löw zum Vorläufigen em Kader, 16.05.2008

Unmittelbar nach der Bekanntgabe des vorläufigen EM-Kaders hat Bundestrainer Joachim Löw die Antworten der zahlreichen Journalisten beantwortet. Im aktuellen Interview spricht Löw über den Kader und die Neulinge im Team.

Frage:u Joachim Löw, hat Ihnen die Auswahl des Kaders für die Europameisterschaft schlaflose Nächte bereitet?

Joachim Löw: Ich habe nicht unruhig geschlafen, aber natürlich haben wir uns sehr viele Gedanken gemacht. Wir haben im Trainerstab in den vergangenen zwei Jahren ein Drehbuch geschrieben, es hat viele Diskussionen gegeben. Wir haben uns sehr intensiv und akribisch damit beschäftigt. Wir sind von diesem Kader voll überzeugt.

Frage: Wie schwer ist es Ihnen gefallen, Spieler wie Timo Hildebrand zu informieren, dass ihr Traum von der EM geplatzt ist?

Löw: Absagen gehören dazu. Das ist nicht einfach. Ich wünsche den Spielern die Kraft, um gut damit umzugehen. Wir wissen, dass diese Entscheidung allen an die Nieren geht und alle schmerzlich enttäuscht sind, auch Timo.

Frage: Bedeutet die Entscheidung für Robert Enke und Rene Adler, dass die Nationalmannschafts-Karriere von Timo Hildebrand beendet ist?

Löw: Was dies für die Zukunft bedeutet, möchte ich offen lassen. Aber nach der EM hat jeder seine Perspektiven.

Frage: Was hat den Ausschlag für 26 Spieler gegeben?

Löw: Wir haben darüber auch intern diskutiert, aber wir wollen alle Ressourcen ausschöpfen, wir wollen den Konkurrenzkampf. Wir haben jetzt den Luxus, die Spieler über einen längeren Zeitraum zu beobachten. Da wollen wir alle Möglichkeiten nutzen, um den ein oder anderen noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Frage: Dazu gehört sicher auch Marko Marin, den Sie überraschend berufen haben. Was hat den Ausschlag für den jungen Gladbacher gegeben, war auch der Ausfall von Bernd Schneider entscheidend?

Löw: Mit dem Ausfall von Bernd hat das weniger zu tun. Wir haben ihn eine ganze Weile beobachtet, und er hat uns überzeugt. Er hat herausragende Qualitäten in Eins-gegen-Eins-Situationen. Solche Spielertypen gibt es nicht allzu viele. Sicher ist es für ihn ein Sprung ins kalte Wasser. Er ist noch jung und muss noch lernen. Aber er hat etwas Besonderes. Ich hoffe, dass er die Frechheit auf dem Platz auch bei uns beibehält.

Frage: Haben Sie schon die drei Streichkandidaten im Kopf?

Löw: Sicher weiß der Großteil, dass er dabei ist, wenn die Vorbereitung vernünftig läuft. Es gibt auch bestimmte Gedankenspiele, aber ich habe noch keine Spieler im Kopf, die wir wieder nach Hause schicken. Wir haben noch viele Einheiten, um das zu entscheiden.

Frage: Befürchten Sie durch die Streichungen nicht eine gewisse Unruhe?

Löw: Nein. Am 28. Mai endet dieses Casting. Die Spieler wissen dann, dass es nicht an ihrer Qualität gelegen hat. Sie werden damit umgehen können. Sie müssen mit diesem Druck leben.

16 May 2008
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Löw: "Eine Millimeter-Entscheidung", 28.05.2008

Nach der Bekanntgabe des endgültigen Kaders der Nationalmannschaft für die EURO 2008 in Österreich und der Schweiz (7. - 29. Juni) stellte sich Bundestrainer Joachim Löw zum aktuellen Gespräch:

Frage: Joachim Löw, was hat den Ausschlag gegeben, Jermaine Jones, Patrick Helmes und Marko Marin aus dem EM-Kader zu streichen?

Joachim Löw: Die Entscheidung ist unserem Trainerteam sehr schwer gefallen. Es war eine Millimeter-Entscheidung, denn jeder der drei Spieler hätte es verdient gehabt, dem EM-Kader anzugehören. Dies ist keine Entscheidung gegen ihre Qualität, sie haben in dem Trainingslager auf Mallorca einen hervorragenden Eindruck hinterlassen.

Frage: Haben die drei Spieler eine Zukunft im DFB-Team?

Löw: Patrick Helmes, Jermaine Jones und Marko Marin haben gute Perspektiven, nach der EM wieder im Kreis der Nationalmannschaft dabei zu sein und eine gute Rolle zu spielen.

Frage: Wie ordnen Sie die Leistung der Mannschaft beim 2:2 gegen Weißrussland ein?

Löw: Sorgen nicht, aber zufrieden kann man natürlich nicht sein. Wir haben in den letzten 30 Minuten eine 2:0-Führung aus der Hand gegeben. Das ist schon enttäuschend.

Frage: Welche Gründe gab es für das 2:2 in der zweiten Halbzeit?

Löw: Es hat die Konzentration gefehlt. Wir haben in den vergangenen Tagen sehr, sehr hart trainiert. Man hat gespürt, dass einige einen Rucksack auf dem Rücken hatten und müde waren. Es hat die Frische gefehlt. Man hat auch gesehen, dass wir erst kurz mit dem Ball trainiert haben.

Frage: Wie haben Sie die Leistung von Torwart Jens Lehmann gesehen?

Löw: Man spürt, dass er Spiele braucht. Er wird am Samstag gegen Serbien auf jeden Fall im Tor stehen. Wir vertrauen ihm weiter.

Frage: Und wie steht es mit der Abwehr generell?

Löw: Wir haben die Organisation nicht so hinbekommen. Wir haben aber auch nach vorne viele Fehler gemacht. Wir müssen uns in allen Bereichen verbessern.

Frage: Was erwarten Sie für den EM-Auftakt am 8. Juni gegen Polen?

Löw: Wir werden in den nächsten Tagen intensiv mit dem Ball und an taktischen Dingen arbeiten. Wir müssen dies festigen. In zwölf Tagen werden aber alle besser in Form sein. Das kann ich versprechen.

28 May 2008
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Sunday, 24 May 2015

Joachim Löw: "Die Konzentration hat gefehlt", 27.05.2012

Beim 3:5 in der Schweiz hat Joachim Löw zwar Defizite ausgemacht, Sorgen macht sich der Bundestrainer aber keine. "Wir haben noch zwei Wochen Zeit. Ab Montag beginnt die Vorbereitung auf die EM", sagte Löw und sprach auch über die Rückkehr der Bayern-Spieler, Miroslav Klose und das Debüt von Marc-André ter Stegen.

Frage: Das Spiel gegen die Schweiz ist sicherlich nicht nach Ihren Vorstellungen verlaufen. Wie bewerten Sie den Auftritt der deutschen Mannschaft?

Joachim Löw: Das Ergebnis ist ärgerlich, das hätten wir nicht gedacht. Darüber kann man sich natürlich nicht freuen. Wir haben viel zu viele Fehler in unserem Spiel gemacht. Es gibt nun einiges aufzuarbeiten, denn es sind sehr viele Dinge passiert, die muss man noch mal in Ruhe vor sich ablaufen lassen und dann analysieren.

Frage: Haben Sie eine Erklärung, warum Ihre Mannschaft so untergegangen ist?

Löw: Das ist natürlich eine gefährliche Phase in der Vorbereitung, denn nach vielen intensiven Einheiten hat die Konzentration gefehlt. Das soll jetzt aber nicht als Ausrede gelten. Die Schweizer waren einfach frischer, beweglicher und konzentrierter. Wir wollten einige Dinge sehen, das hat aber nicht funktioniert.

Frage: Muss Ihnen nicht vor allem die Abwehrleistung kurz vor dem EM-Start Angst und Bange machen?

Löw: Unser Defensivverhalten war nicht gerade berauschend. Deshalb darf man aber nicht nur den Abwehrspielern einen Vorwurf machen. Grundsätzlich mache ich mir aber keine Sorgen, denn wir haben noch zwei Wochen Zeit. Die Abstimmung wird besser werden - ich habe keine Bedenken. Die Bayern steigen am Montag ins Training ein. Einige Spieler haben gefehlt, die unser Spiel prägen. Mit den Bayern-Spielern gehen wir zur Normalität über. Ab Montag beginnt die Vorbereitung auf die EM.

Frage: Wie gehen Sie denn mit den Bayern um, die erst am Samstagabend im Quartier eingetroffen sind?

Löw: Ich werde mit keinem Spieler über das verlorene Spiel (Champions-League-Finale, d. Red.) sprechen. Ich habe keine Bedenken, dass da etwas hängen bleibt.

Frage: Müssen sie Marc-André ter Stegen, der bei seiner Premiere zwischen den Pfosten der Nationalmannschaft fünf Gegentore kassierte, besonders trösten?

Löw: Er darf jetzt den Kopf nicht hängen lassen. Er hat eine Riesensaison gespielt, hat unglaubliche Anlagen. Bei den ersten zwei Toren wurde er ganz kalt erwischt, sieht dann in der ein oder anderen Situation unglücklich aus. Da kann man diskutieren, ob er einen Schritt weiter vorne stehen muss. Ich mache ihm aber keine Vorwürfe. Er ist ein großartiger Torhüter mit vielen guten Qualitäten. Er wird seinen Weg machen. Jetzt ist er ein bisschen geknickt, aber wir werden ihn wieder aufbauen. Ich bin überzeugt, dass er das wegstecken wird.

Frage: Wie ordnen Sie die Leistungen von Torjäger Miroslav Klose und Abwehrspieler Per Mertesacker ein?

Löw: Man hat gesehen, dass beiden noch die Wettkampfpraxis fehlt. Deshalb war das Spiel sehr wichtig für sie. Sie werden noch das eine oder andere Spiel brauchen, um wieder ihre Normalform zu erreichen. Vor allem bei Miro hat man gesehen, dass er die eine oder andere Torchance, bei der er normalerweise sehr sicher ist, ausgelassen hat.

Frage: Am Dienstag müssen Sie Ihr endgültiges EM-Aufgebot benennen, zuvor werden noch vier Spieler gestrichen. Wird das Spiel gegen die Schweiz Ihre Entscheidung beeinflussen?

Löw: Das war gegen die Schweiz kein individuelles Schaulaufen. Ich wollte sehen, was der Einzelne dem Team bringen kann. Einzelne Spieler aufgrund einer Situation, eines Spiels, eines Kurzeinsatzes zu bewerten, wäre völlig falsch. Für manche war das Trainingslager eine große Chance für die Zukunft. Ich kann mir gut vorstellen, dass das eine gute Schule war. Für manche wird es sicher hart, wenn sie nicht mit zur EM fahren. Aber es war gut, dass sie dabei waren.

27 May 2012
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Sunday, 15 March 2015

Löw: "Unser ehrgeiz ist ungebrochen", 28.10.2012

Bundestrainer Joachim Löw blickt trotz der jüngsten Kritik an der Nationalmannschaft und seiner Person mit großer Zuversicht auf die WM 2014 in Brasilien. "Wenn wir noch ein bisschen cleverer werden, sind wir eine unheimlich starke Mannschaft und haben 2014 alle Chancen, ganz klar", sagte Löw im ZDF im Aktuellen Sportstudio und betonte: "Unser Ehrgeiz ist ungebrochen, und wir setzen alles daran, das zu schaffen in Brasilien."

Löw kündigte Konsequenzen aus dem bitteren 4:4 nach 4:0-Führung gegen Schweden in der WM-Qualifikation an. "Das Spiel hat aufgedeckt, wo wir unsere Probleme haben. Wir sind noch nicht resistent gegen Unwägbarkeiten", sagte Löw: "Wir werden jetzt auch verstärkt unser defensives Potenzial abrufen müssen."

Der Mannschaft fehle "ein bisschen die Balance", sagte der Bundestrainer. "Defensiv stabil zu sein, ohne die Offensive zu vernachlässigen - das können nur die herausragenden Mannschaften. Wir müssen das schaffen, uns da weiter zu verbessern."

Löw räumte ein, dass das A-Team auf den Außenverteidiger-Positionen und im Sturmzentrum "ein paar Probleme" habe. Man habe sich deshalb mit DFB-Sportdirektor Robin Dutt und den Junioren-Trainern Gedanken gemacht, sagte Löw, "was wir in den U-Mannschaften machen können und auch mal in den Leistungszentren vorschlagen." Es liefen "schon Maßnahmen, diese Positionen für die Zukunft zu stärken".

An der grundsätzlich offensiven Ausrichtung der Nationalmannschaft soll sich aber auch in Zukunft nichts ändern. "Zu dieser Philosophie stehe ich, zu dieser Angriffsphilosophie gibt es keine Alternative. Die Kraft nach vorne wollen wir behalten", sagte Löw.

Der Bundestrainer hatte ursprünglich am vergangenen Samstag im Sportstudio auftreten sollen. Er musste seinen Besuch wegen eines grippalen Infekts aber zunächst absagen.

28 October 2012
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Joachim Löw: "Daraus lerne auch ich", 22.10.2012

Joachim Löw hat sich mit ein paar Tagen Abstand und nach auskurierter Grippe zum 4:4 in der WM-Qualifikation gegen Schweden geäußert. Im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) nimmt der Bundestrainer zur Debatte um die Führungsspieler, zu eigenen Fehlern und zu seiner Motivation Stellung.

Frage: Joachim Löw, können Sie die Sorgen und Zweifel nach dem 4:4 gegen Schweden mit einigem Abstand nachempfinden?

Joachim Löw: Diese Debatten kann ich natürlich nachempfinden. Auch bei uns saß der Stachel tief. Wir konnten uns auch nicht vorstellen, dass wir nach so einem grandiosen Spiel einen 4:0-Vorsprung noch aus der Hand geben. Wir waren alle fassungslos.

Frage: Haben Sie die Enttäuschung schon einigermaßen verarbeitet?

Löw: Der Stachel sitzt jetzt nicht mehr so tief, weil wir natürlich darüber gesprochen haben und Lösungen finden müssen. Die Erkenntnis ist: Dieses unglaubliche Offensivpotenzial führt fast zwangsläufig auch zu Schwächen. Und diese Schwächen sind nicht erst jetzt, sondern schon im gesamten Jahr in Erscheinung getreten.

Frage: Sie haben nach dem EM-Aus von kleineren Korrekturen gesprochen, die nötig seien. Sehen Sie inzwischen Bedarf für größere Veränderungen?

Löw: Die aktuelle Situation hilft uns, die Weichen jetzt nochmals richtig zu stellen. Insofern hat es vielleicht auch etwas Positives. Das ist mir lieber, als wenn wir im Herbst 2013 feststellen müssen, dass wir in so eine negative Situation rutschen.

Frage: Was kann die Mannschaft aus so einem Spiel wie in Berlin mitnehmen?

Löw: Grundsätzlich wird die Mannschaft an so einer Situation auch wachsen. Lektionen, die auf dem Platz so eindringlich sind, daraus kann man auch wachsen. Das wird uns jetzt nicht mehr so passieren, da bin ich mir sicher. Bei der EM war es festzustellen, dass wir bis auf das Italien-Spiel eine gute Balance hatten. Gegen Österreich haben wir schon defensive Schwächen gehabt und mit Glück gewonnen. In diesem Maße wie in den letzten 30 Minuten gegen Schweden sind sie noch nicht zutage getreten.

Frage: Sehen Sie einen Rückschritt in der Entwicklung?

Löw: In einer Entwicklungsphase gibt es immer mal Rückschläge. Absolut. Wir haben ein unglaubliches Kreativ- und Offensivpotenzial wie vielleicht seit Jahrzehnten nicht mehr. Auf der einen Seite sollten wir darüber glücklich sein und es als große Chance begreifen, dass wir unsere gesamte Philosophie nach diesen Spielern ausrichten können. Aber diese Gegentore und Defensivschwächen kann auch ich nicht akzeptieren - und will ich auch nicht akzeptieren.

Frage: Was werden Sie ändern?

Löw: In den vergangenen beiden Jahre haben wir große Schritte gemacht im fußballerischen Bereich. Es hat zwar nicht zur Perfektion und zu einem Titel gereicht, aber man hat gesehen, dass wir fußballerisch mit den Besten mithalten können. Das halte ich schon für sehr positiv. Wichtig wird sein, dass wir an unserem Defensivverhalten weiter arbeiten.

Frage: Hat sich Ihr Vertrauen in die Spieler verändert?

Löw: Ich stehe zu dieser Generation mit all den Stärken und Schwächen, die wir im Moment haben. Das Potenzial ist hervorragend. Wie wir 60 Minuten gegen Schweden gespielt haben, das hat mich schon sehr zufrieden gestellt. Aber wir müssen natürlich auch an den Schwächen arbeiten, keine Frage. Es gab verletzungsbedingte Ausfälle von Spielern, die uns in so einem Spiel sicher gut getan hätten. Sami Khedira war verletzt, Mats Hummels, die beiden Benders. Es kommen junge Spieler nach, die gut sind, die sich gut entwickeln. Aber personell gesehen, haben wir alle Möglichkeiten und können uns das auch für die Zukunft ein Stück weit offen lassen.

Frage: Wie stellen Sie sich Veränderungen vor?

Löw: Da erwarte ich - da muss ich mir auch an die eigene Nase fassen -, dass wir an Lösungen arbeiten, dass wir nicht mehr in solche Situationen kommen. Vielleicht müssen wir einen Automatismus entwickeln: Was ist zu tun, wenn wir ein Spiel dominieren und dann einen Anschlusstreffer kassieren? Da haben wir in den letzten Spielen in der Tat gewisse Schwächen gezeigt. Wir haben den Gegner das eine oder andere Mal völlig unnötig wieder ins Spiel gebracht, obwohl wir so dominant waren.

Frage: Wie können solche Automatismen aussehen?

Löw: Wenn das Spiel zu kippen droht, dann müssen wir von außen, aber auch von innen Schlüsselpunkte hart einfordern: hinter den Ball, Grundordnung nicht verlassen, einzelne Aktionen wieder gewinnen, die Zweikämpfe wieder gewinnen - und das zum richtigen Zeitpunkt. Das müssen wir lernen.

Frage: Was hat im Rückblick gegen Schweden nicht funktioniert?

Löw: Unser Spiel ist aus den Fugen geraten, weil wir nur noch lange Bälle gespielt haben. Wir haben zum Torhüter zurückgespielt, wir hatten keine Ballsicherheit mehr. So hat es begonnen. Unsere Spieler haben sich im Gefühl des sicheren Sieges so eine zugespitzte Situation nicht mehr vorstellen können. Wir haben auch nicht geglaubt, dass sich Schweden noch in diesem Maße wehrt. Und dann haben wir zu untauglichen Mitteln gegriffen, um das Ruder noch herumzureißen. Wenn man aus so einer Euphorie kommt und eine sportliche Katastrophe verhindern will, dann muss man auch mal die einfachen Dinge wieder tun, die uns stark machen.

Frage: Auch an Sie gab es den Vorwurf, nicht reagiert zu haben. Können Sie das nachvollziehen?

Löw: Natürlich, absolut. Ich konnte auch nicht glauben, dass das Spiel kippt. Ich hätte in der Schlussphase mit einer Auswechslung ein Signal an die Mannschaft senden und noch etwas stoppen können. So etwas habe ich in 20 Jahren auch noch nicht erlebt. Daraus lerne auch ich. Mein Plan war zuerst, ballsichere Spieler zu bringen, um wieder die richtige spielerische Qualität zu haben und für Entlastung zu sorgen. Ich wollte die Schweden vom eigenen Tor weghalten. Aber das ist nicht aufgegangen. Also wäre es besser gewesen, den einen oder anderen Spieler für die Defensive einzuwechseln, der die Räume zumachen kann. Das ist natürlich auch der Vorwurf an mich.

Frage: Wie sehen Sie die Diskussionen um Ihre Führungsspieler?

Löw: Wir haben genügend Spieler, die eine Dominanz ausstrahlen. Das hat man in der Vergangenheit gesehen, das hat man auch jetzt wieder gesehen, in Irland und 60 Minuten gegen Schweden. Wir haben Spieler, die im Zweifelsfall auch gut dagegenhalten können. In der Situation haben sie das weniger umgesetzt. Das war mir schon bewusst. Daran gilt es, mit diesen Spielern auch zu arbeiten - dass wir genau dann, wenn die spielerische Ausrichtung nicht mehr so stimmt, auch ein positives, aggressives, dominantes Auftreten unter Druck zeigen. Man darf sich dann nicht so zurückziehen. Wir hätten diesem Druck standhalten können. Wir alle. Das war in diesen 30 Minuten nicht der Fall.

Frage: Nervt Sie diese Diskussion?

Löw: Diese Debatte über Führungsspieler und flache Hierarchien gibt es ja jetzt schon länger. Wenn man definiert, was einen Führungsspieler auszeichnet, dann wird man sehen, dass wir gute Führungsspieler haben. Da gehört ein großes Können und eine Akzeptanz bei den Mitspielern dazu. Das haben unsere Führungsspieler. Wenn man meint, dass uns derjenige fehlt, der dazwischenhaut, auf Freund und Feind einschlägt, um etwas zu bewegen - den haben wir nicht. Darüber bin ich aber auch nicht böse, weil solche Spielertypen auch mal viel kaputt machen können. Da ist dann der Schaden größer. Aber klar, wir müssen daran arbeiten, dass wir uns in bestimmten Situationen genau so verhalten wie in den ersten 60 Minuten. Aber ich vertraue diesen Spielern auch, weil sie dieses Können haben und auch die Akzeptanz bei den Mitspielern.

Frage: Werden Sie Ihren Führungsstil ändern?

Löw: Wir haben unsere Forderungen und Erwartungen immer deutlich genannt. Die Spieler wissen, was wir Trainer erwarten. Ich denke, den Weg kann man klar erkennen, sonst kann man auch nicht gegen Irland 90 und gegen Schweden 60 Minuten diesen Fußball spielen. Unser Umgang mit den Spielern ist von Respekt geprägt. Ich halte nichts von einem Ton wie auf dem Kasernenhof. Das entspricht auch nicht meiner Persönlichkeit. Ich will die Spieler mit einbeziehen. Wir setzen auf Kommunikation, natürlich geben aber wir die Richtung vor. Das haben wir die letzten Jahre auch kompromisslos gemacht, wenn es um die sportlichen Dinge ging. Daher bin ich von unserem Weg weiterhin überzeugt, den wir weiter gehen werden, ohne blind für Verbesserungen zu sein. Festzuhalten bleibt: Diese Mannschaft hat sich trotz allem hervorragend entwickelt.

Frage: Wie ist es um Ihre Kraft und Motivation bestellt?

Löw: Was die Kraft betrifft, ist es so, dass sich ein Trainer nach einem Turnier mit der Enttäuschung aus einer Niederlage und einer emotionalen Vollbelastung von zwei Monaten natürlich immer fragt: Was gibt es an neuen Impulsen, an neuen Ideen? Das ist eine unglaublich spannende Aufgabe mit diesen hervorragenden Spielern mit charakterlicher Klasse. Deswegen freue ich mich wahnsinnig, dass ich mit solchen Spielern arbeiten kann.

Frage: Nationalteammanager Oliver Bierhoff hat gemeint, dass sich auch die Teamführung hinterfragen müsse.

Löw: Das machen wir ja ständig. Unseren Entscheidungen gehen immer intensive Diskussionen voraus. Das hat nichts mit einem schlechten Spiel zu tun. Wir hinterfragen uns ständig, nach jedem Spiel. Wir machen Workshops, in denen wir ganz kontrovers diskutieren und uns hinterfragen. Mit manchen Dingen, die so dargestellt werden, bin ich nicht immer einverstanden. Dann heißt es: Ist der Bundestrainer beratungsresistent oder kann er keine Fehler zugeben? Wer mich kennt, weiß, dass ich zu meinen Fehlern stehe oder zu einer nicht aufgegangenen Strategie.

Frage: Wie gehen Sie mit den vielen Ratschlägen von außen um?

Löw: Selbst wenn die Vorschläge in eine völlig andere Richtung gehen, dann setzen wir uns auch damit intern auseinander und besprechen diese Ratschläge in unserem Trainerteam. Wir gehen nicht über alles hinweg. Ich finde es gut, wenn man es mir persönlich sagt und nicht über die Medien, aber selbst dann setzen wir uns mit manchen Dingen auseinander, greifen sie auf und prüfen sie selbstkritisch. Natürlich sind wir nicht frei Selbstkritik. Ist dieser Weg richtig? Was und wo können wir noch verbessern? Wir alle sind nicht fehlerfrei. Das wissen die Spieler, das wissen die Trainer. Ich persönlich bin immer gesprächsbereit.

Frage: Am 14. November steigt in Amsterdam das Länderspiel gegen die Niederlande. Wie sehen Sie den Stellenwert?

Löw: Erst mal ist es wichtig, dass die Mannschaft - auch mit den Spielern, die verletzt waren - zum Abschluss des Jahres zusammenkommt und man über das abgelaufene Jahr und das kommende spricht. Man muss natürlich auch noch einmal das 4:4 analysieren. Es muss auch das Bestreben sein, in diesem Prestigeduell ein gutes Spiel zu absolvieren, so wie es gegen Irland und 60 Minuten gegen Schweden war.

22 October 2012
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